Ginkgo Biloba: Adaptogen gegen Demenz?

Bringt Ginkgo Hirnzellen wieder zum Leuchten?

Ginkgo bzw. Ginko Biloba wurde in vielen Studien auf seine schützenden Eigenschaften hinsichtlich Demenz und anderen neurodegenerativen Erkrankungen untersucht. Oft waren die Ergebnisse positiv, manchmal zeigten sich keine Effekte und gelegentlich kam es zu Nebenwirkungen wie Kopfschmerz, Übelkeit und Ähnlichem. Das sollte einen grundsätzlich etwas vorsichtig machen. Warum und wann wirkt Ginkgo Biloba als unterstützendes Mittel und wann nicht? Wie kommt es zu diesen Nebenwirkungen und kann man Ginkgo Biloba überhaupt noch als Adaptogen bezeichnen? Wie wird Ginkgo am besten dosiert und was gibt es zu beachten?

Ginkgo Biloba: Ein Spiel mit den Neurotransmittern

Wird eine Pflanze als Adaptogen bezeichnet, weist dies meist darauf hin, dass ihre Inhaltsstoffe unterstützend bei Stress wirken. Dabei gibt es einige unter ihnen, die vor allem ihre Wirkung durch eine Anhebung von Neurotransmittern in unserem Körper erzielen. Beispiele wären dabei unter anderem Rhodiola Rosea, Panax Ginseng, aber auch Ginkgo Biloba. Oft ist der Mechanismus dahinter vergleichbar mit der Wirkung einiger synthetischer Stoffe unserer medizinischen Versorgung. Sogenannte Monoaminoxidasen – Enzyme zur Zerlegung von Monoaminen – spielen eine zentrale Rolle bei der Wiederaufnahme und Zerlegung von Neurotransmittern wie Dopamin, Adrenalin und Serotonin [1]. Empfinden wir Freude, Zorn, Glück, Liebe oder Trauer, finden sich in der Regel unterschiedliche Mengen an diversen Neurotransmittern in unserem Körper. Gleichermaßen kann auch behauptet werden, dass wir “lebendiger“ werden und unser Umfeld intensiver wahrnehmen können, wenn durch irgendeine Substanz unsere Neurotransmitter-Balance beeinflusst wird. Da Ginkgo Biloba also sogenannter Monoaminoxidase-Inhibitor erkannt wurde, ist damit seine belebende Wirkung also recht schnell zu verstehen [2,3].

Mice deficient in monoamine oxidase A (MAO A) have increased brain levels of serotonin (5-HT) and norepinephrine and show enhanced aggression. We used MAO A knock-out (KO) mice as a model to study the effect of ginkgo biloba (EGb) on aggression. When EGb was administered to MAO A KO mice, their aggressive behavior in resident-intruder confrontations was reduced to levels seen in wild types. [Studie]

Viele neurodegenerative Erkrankungen stehen in der heutigen Wissenschaft in Verbindung mit einer Dysbalance unterschiedlicher Neurotransmitter [4]. Vermutet wurde aus diesem Grund recht schnell, dass es durch den Ginkgo-induzierten “Neurotransmitter-Boost“ zu einer Verbesserung einiger Krankheitssymptome kommen konnte.

Ginkgo biloba special extract (EGb761) is used in most randomized control trials. Indications include cognition and memory in Alzheimer disease, age-associated dementia, cerebral insufficiency, intermittent claudication, schizophrenia, and multi-infarct dementia. Dosages range from 80 to 720 mg/d for durations of 2 weeks to 2 years. Mechanisms of action include increasing cerebral blood flow, antioxidant and antiinflammatory effects, with antiplatelet effects attributed to flavone and terpene lactones. Possible interactions with monoamine oxidase inhibitors, alprazolam, haloperidol, warfarin, and nifedipine have been reported. [Studie]

Basierend auf der Aussage der hier zitierten Studie, konnte Ginkgo Biloba noch weitere positive Eigenschaften auf den Körper haben. Ein verbesserter zerebraler Blutfluss und eine entzündungshemmende Wirkung wurden schließlich auch entdeckt. Wie kommt es aber dazu?

Ginkgo Biloba: Wirkung auf Entzündungen und Blutgefäße

Natürlich könnte man zu Recht argumentieren, dass ein Einfluss auf so ziemlich alle Neurotransmitter einen breitgefächerten und systemischen Effekt mit sich zieht. Beobachtet wurde aber noch zusätzlich, dass Ginkgo Biloba einen lindernden Einfluss auf entzündliche Zustände haben konnte, indem es auf direktem Wege Signalstoffe wie Prostaglandine und Zytokine in Untersuchungen zu hemmen schien.

The Ginkgo biloba extract EGb 761 significantly inhibited the release of prostaglandin E2 (PGE2) and differentially regulated the levels of pro-inflammatory cytokines. The inhibition of LPS-induced PGE2 release in primary microglia was partially dependent on reduced protein synthesis of mPGES-1 and the reduction in the activation of cytosolic phospholipase A2 (cPLA2) without altering COX-2 enzymatic activity, inhibitor of kappa B alpha (IkappaBalpha) degradation, and the activation of multiple mitogen activated protein kinases (MAPKs). Altogether, we showed that EGb 761 reduces neuro-inflammatory activation in primary microglial cells by targeting PGE2 release and cytokines. [Studie]

Da Ginkgo Biloba keinen direkten Effekt auf die in dieser Studie dargestellte gesamte entzündliche Kaskade ausübte, wäre eine solche Wirkung eher als immunmodulierend und antientzündlich zu bezeichnen, als mit einem immunsuppressiven Effekt. Hilft ein Wirkstoff dabei, einen entzündlichen Prozess im Körper weniger zerstörerisch ablaufen zu lassen, kann das durchaus eine positive Eigenschaft eines Supplements darstellen.

Unser Gehirn ist konstant umgeben von Signalgebern Markern und vielem mehr!

Ein Faktor ist jedoch ein wenig kontrovers. Beobachtet wurde bei der Verabreichung eines Ginkgo-Extrakts ebenfalls, dass in den Blutgefäßen ein Mehr an Stickstoffoxid (NO) gefunden wurde. Oft wird dabei in Studien eine Verbindung zu einem Enzym namens eNOS (endothelial Nitric Oxide Synthase) gezogen, welches für eine Weitung der Blutgefäße sorgen kann [5]. Dadurch wäre also auch schnell und einfach zu erklären, warum es unter anderem in Untersuchungen zu einem verbesserten zerebralen Blutfluss kam. In einigen Studien wurde jedoch darauf hingewiesen, dass eine vermehrte Produktion von NO im Körper nicht unbedingt eine Hilfreiche Sache sein muss [6]. Oft muss dabei beachtet werden, woher die erhöhte Menge an NO tatsächlich kommt. Aus den Blutgefäßen selbst, oder aus den Mitochondrien [7]?

Application of therapeutically feasible doses of EGb 761 for 48 h caused endothelial nitric oxide (NO) production by increasing endothelial nitric oxide synthase (eNOS) promoter activity and eNOS expression in vitro. Phosphorylation of eNOS at a site typical for Akt (Ser 1177) was acutely enhanced by treatment with EGb 761, as was Akt phosphorylation at Ser 478. Furthermore, the extract caused acute relaxation of isolated aortic rings and NO-dependent reduction of blood pressure in vivo in rats. These influences on eNOS represent a putative molecular basis for the protective cardiovascular properties of EGb 761. [Studie]

Exhaled nasal NO output during normobaric hypoxia was lowest following ginkgo (p < 0.003). We conclude that Ginkgo biloba increases exhaled nasal NO output during normoxia and enhances reduced exhaled nasal NO output during normobaric hypoxia. Our results suggest that Ginkgo biloba may act to reduce AMS through an effect on NO metabolism. [Studie]

Da Ginkgo Biloba in einigen Studien als sog. “NO-Scavenger“ (NO-Fänger) bezeichnet wurde, könnte man vermuten, dass in Wirklichkeit das entstandene NO in Zellen durch Ginkgo Biloba und seine Bestandteile eher aus den Mitochondrien freigelassen wird und dadurch in den Blutgefäßen reaktiv zu einer Dilatation führt [8]. Hier herrscht bis heute jedoch noch keine Klarheit. Was lässt sich also zusammenfassend über Ginkgo Biloba sagen?

Neurotransmitter lassen Neuronen feuern. Ab wann wirken sie aber schädlich?

Ginkgo Biloba: Zusammenfassung, Dosierung und Nebenwirkungen

Grundsätzlich ist Ginkgo Biloba durchaus ein interessantes und möglicherweise therapeutisches Mittel. Ein Anstieg aller Neurotransmitter führt zu einer aktiveren und intensiveren Wahrnehmung unseres Umfeldes und zu vielen verschiedenen damit verbundenen potentiell positiven Effekten. Da neurodegenerative Erkrankungen meist mit dem exakten Gegenteil eines solchen Zustandes in Zusammenhang stehen, scheint diese Pflanze tatsächlich ein empfehlenswertes Supplement zu sein. Nicht zu vergessen sind dabei der Einfluss von Ginkgo Biloba auf Blutfluss und entzündliche Prozesse im Körper! Vorsichtig sollte man jedoch dennoch bleiben. Eine generelle Anregung aller Neurotransmitter kann nicht nur angenehm sein. Verspürt man bei der Einnahme von Ginkgo Biloba Kopfschmerzen, Übelkeit oder wird sogar eine schlechte Blutgerinnung festgestellt, sollte man sich von diesem Wirkstoff eher distanzieren [9]. Ob man Ginkgo Biloba tatsächlich als Adaptogen bezeichnen sollte, ist eher fraglich. Effektive Dosierungen lagen in den meisten Studien zwischen 200-300 mg des Ginkgo-Biloba Extraktes. Nebenwirkungen wurden jedoch zum Teil bereits bei täglichen Dosierungen von 80 – 150 mg festgestellt:

Most studies reporting side effects have been case reports with dosages ranging from 80 to 150 mg/d for durations of 1 week to up to 1 year, with many patients having comorbid conditions and taking other medications. [Studie]

Auch wenn es nur Kopfschmerzen sein mögen – Nebenwirkungen sollten beachtet werden. Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sind vor allem bei einem Effekt auf unsere Neurotransmitter-Balance keine Nebensache. Auch wenn Ginkgo Biloba also durchaus positive Eigenschaften haben kann, sollte diese gern gesehene Pflanze doch mit etwas mehr Vorsicht gehandhabt werden.

Quellenangabe:

  1. https://de.wikipedia.org/wiki/Monoaminoxidasen
  2. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10698362
  3. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11229360
  4. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/6152198
  5. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17497242
  6. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2953417/
  7. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2933573/
  8. Ronald Ross Watson, Victor R. Preedy, Sherma Zibadi. Polyphenols in Human Health and Disease. Academic Press, 2013, S.738 ff.
  9. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23538078