Rhodiola Rosea: Emotionales Adaptogen?

Eine Emotion sagt mehr als tausend Worte

Adaptogene sind in vielen alten medizinischen Traditionen aus China, Indien und anderen Ländern als Heilpflanzen bekannt und beliebt. Rhodiola Rosea ist dabei ein Adaptogen mit einer langen Geschichte. Sowohl in der traditionellen chinesischen Medizin als auch in Russland wurde Rhodiola Rosea wieder und wieder für seine positive Wirkung auf Lebenserwartung, den emotionalen Zustand, Leistungsfähigkeit und Fruchtbarkeit untersucht. Grundsätzlich scheinen alle Adaptogene einen erstaunlich globalen und kräftigenden Einfluss auf unsere körperliche und geistige Gesundheit zu haben. Dabei sind jedoch unterschiedliche Adaptogene besonders wirksam bei unterschiedlichen Beschwerden. Damit stellt sich automatisch die Frage, wie Rhodiola Rosea wirkt und wie sich dieses Adaptogen möglicherweise von anderen unterscheidet.

Wie wirkt Rhodiola Rosea?

Inzwischen haben wir in der Medizin und Wissenschaft wiederholt zu unserer Überraschung feststellen dürfen, dass der Mensch doch ein recht komplexes Wesen zu sein scheint. Zieht man an einer Stelle, folgen meist andere auf Schritt und Tritt. Sorgen wir bei einem Patienten für einen gesunden Darm, scheint das Gehirn auf einmal besser leisten zu können und die Leber besser zu funktionieren. Rhodiola Rosea wurde in der Forschung insbesondere auf seinen Effekt auf kognitive und körperliche Leistungsfähigkeit untersucht. In Russland zeigten vermehrt Studien, dass Schichtarbeiter und Studenten in Untersuchungen sich nicht nur länger, sondern auch besser konzentrieren konnten und sich besser zu fühlen schienen [1,2,3].

Subjects were randomized to take R. rosea or placebo. A non-treatment group was also included, however subjects were not randomized into this group and comparisons against this group will not be considered in this review. The intervention was taken at 4:00 am while participants were on an overnight shift. […] Improvements in favour of both doses of R. rosea were apparent in the fatigue index (p < 0.001); no significant differences between groups occurred for other outcomes. [Studie]

Ein erster Gedanke wäre also, dass Rhodiola Rosea möglicherweise einen anregenden Effekt auf Energiebereitstellung, ATP oder ähnliche Bereiche haben könnte. Wie sich jedoch herausstellte, zeigten Untersuchungen an Athleten sehr verhaltene Ergebnisse [4]. Bei der Verwendung von reinem Rhodiola Rosea waren in einigen Studien weder erhöhte ATP-Spiegel noch Kraftzuwächse nach einigen Tagen bis Wochen festzustellen. War also alles nur reines Placebo? Nicht ganz.

roseaalso appears to modulate the central stress response via its effect on central biogenic amine neurotransmission and by increasing blood brain barrier permeability to precursors of dopamine (DA) and serotonin (5-HT) [8]. R. roseaalso appears to increase β-endorphin levels, protect against stress-induced endorphin elevation [11], and modulate release of HPA axis peptides. This modulatory effect on excessive opioid and catecholamine response to stress (which may also activate humeral and cell-mediated immunity), may modify normal tolerance to stress [8]. Thus, R. rosea may exert its antidepressant effect by enhancing central neurotransmission and reducing or modulating excessive HPA axis activity [12]. [Studie]

Es sollte kein Geheimnis in der heutigen Zeit sein, dass unser Körper und “Geist“ bzw. unser emotionaler Zustand eine starke gegenseitige Wirkung aufeinander haben. Lassen wir chronisch den Kopf hängen, kann daran durchaus unser emotionaler Zustand leiden. Fühlen wir uns dagegen belebt, verändert sich meist direkt unsere körperliche Haltung und unser Stresspegel. Dass dadurch gleichzeitig unterschiedliche biochemische Marker und Neurotransmitter mit beeinflusst werden, ist an sich eine faszinierende Wissenschaft für sich. Wurde Rhodiola Rosea auf seinen Einfluss auf Depression, Angst und andere emotional tendenziell negative Zustände untersucht, wurde man fündig [5,6]. Anscheinend konnte Rhodiola Rosea signifikant die Produktion und Verwendung von Neurotransmittern wie Dopamin und Serotonin im Körper modulieren. Ein solcher Effekt – solange er nicht negativ wirkt – ist von gewaltiger Bedeutung. Dysfunktionen im Neurotransmitter-Pool stehen nicht nur im Zusammenhang mit unterschiedlichen Krankheiten wie Depression, Parkinson und andere neurodegenerativen Erkrankungen. Wird durch einen Wirkstoff tatsächlich eine Neurotransmitterbalance wiederhergestellt, wirkt sich das auf kognitive und körperliche Leistungsfähigkeit, Stressresistenz, Schlaf, Sexualhormone, soziales Verhalten und vieles mehr aus.  Interessant ist dabei auch, dass Rhodiola Rosea scheinbar einen unspezifischen Effekt auf das Mikrobiom von Lebewesen zu haben schien [7,8]. Während manche Adaptogene wie Reishi einen tendenziell antibakteriellen Einfluss auf unsere Darmbevölkerung ausüben, scheint Rhodiola Rosea zwar etwas im Darm zu verändern, jedoch ohne klaren Wirkmechanismus. Da ein emotionaler Zustand wie das Empfinden eines milden Stressors für 2 Stunden bereits einen signifikanten Einfluss auf unser Mikrobiom haben konnte, könnte ein mental stabilerer Zustand auch einen Effekt auf unsere bakteriellen Mitbewohner erklären [9]. Natürlich ganz davon zu schweigen, dass Stress, unser Immunsystem und damit auch unser Mikrobiom stark mit unserem emotionellen Zustand in Verbindung stehen.

Freude zeigen wir nicht nur durch ein strahlendes Lächeln. Der ganze Körper macht mit!

Zusammenfassung, Dosierung und Nebenwirkungen von Rhodiola Rosea

Zusammengefasst scheint Rhodiola Rosea seine breitgefächerten Wirkungen vor allem durch einen offensichtlich regulierenden Einfluss auf unsere Neurotransmitter-Balance auszuüben. Da selbst bei höheren Dosierungen keine Nebenwirkungen oder toxischen Effekte festgestellt werden konnten, lässt sich bis dato durchaus vermuten, dass die Eigenschaften von Rhodiola Rosea weder übermäßig stimulierend noch unterdrückend – sondern eher regulierend und grundsätzlich positiv unterstützend wirken. Da Menschen tagtäglich ein sehr verschiedenes Neurotransmitter-Kleid tragen können, ist eine solche Eigenschaft nicht nur erstaunlich mächtig, sondern grundsätzlich nützlich und leicht anwendbar. Dosierungen von 50mg zeigten bereits in Studien Effekte, während sich in den meisten Versuchen eine tägliche Verwendung von 300-600 mg an hochwertigen Rhodiola Rosea Extrakts oder Pulvers als effektiv gezeigt hatten [10]. In Kombination mit weiteren Adaptogenen wie Ashwagandha, Cordyceps, Reishi, Astragalus Membranaceus und Bacopa Monnieri ließe sich dabei durchaus ein anregendes Tonikum brauen. Vorsichtig sollte man jedoch grundsätzlich wie bei so ziemlich allen Wirkpflanzen bezüglich Qualität sein:

The variation in phytochemical constituents present in Rhodiola products available to European buyers via the internet and other sources is a major cause for concern. Adulteration with different species, and other sometimes unknown adulterants, appears to be commonplace. [Studie]

Rhodiola Rosea-Produkte zeigte starke Variationen in ihren Inhaltsstoffen, abhängig vom Hersteller. Es empfiehlt sich also als Kunde, sich beim Hersteller über Qualitätskriterien zu erkundigen. Alles in allem ist anhand von Adaptogenen wie Rhodiola Rosea wohl anschaulich zu zeigen, wie sehr sich “Körper und Geist“ gegenseitig beeinflussen zu scheinen. Selbst wenn man das Ganze aus einer rein biochemischen Lupe heraus betrachtet.

Quellenangabe:

  1. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12725561
  2. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10839209
  3. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10763116
  4. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3541197/
  5. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4590898/
  6. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27013349
  7. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5861609/
  8. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4241511/
  9. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25028050/
  10. https://www.scirp.org/JOURNAL/PaperInformation.aspx?PaperID=69275