Methionin: Wirkung und Funktion. Wie gesund ist diese Aminosäure?

Auf einen Blick

  • Methionin ist eine essentielle Aminosäure und wird vom Körper dafür benötigt, um wichtige Dipeptide zu produzieren
  • Der tägliche Bedarf ist dabei jedoch sehr leicht zu decken
  • Interessanterweise zeigten Studien zu Methionin wiederholt, dass eine Reduktion dieser Aminosäure neben einigen anderen positiven Effekten auch für eine höhere Lebenserwartung zu sorgen schien
  • Unter anderem schienen Versuchstiere bei einer Methionin-armen Ernährung deutlich geringere Mengen an entzündlichen Markern zu zeigen
  • Während Methionin als ein direkter Radikalfänger (Antioxidans) wirken kann, braucht es für seine Reduktion offensichtlich das aktive Schilddrüsenhormon T3
  • Dieser Zusammenhang, neben einigen weiteren Details machen Methionin in der heutigen Zeit zu keiner empfehlenswerten Aminosäure
Was haben Mäusestudien über Methionin und Lebenserwartung herausgefunden?

Methionin: Wirkung auf Lebenserwartung und Schilddrüsenhormone

Methionin ist so wie Leucin eine recht bekannte Aminosäure in der Forschung. Vor allem, da viele Untersuchungen mit diesem Eiweißbaustein zum Thema Lebensverlängerung durchgeführt wurden. Dabei führte jedoch diese Aminosäure nicht zu ewigem Leben und Gesundheit, sondern vielmehr ein Vermeiden dieser Aminosäure schien die Lebenserwartung von Nagern drastisch zu erhöhen. Damit stellte sich natürlich rasch die Frage, wie und warum Methionin seine Wirkung entfaltet und ob sie gefährlich sein könnte. Während das Wort “gefährlich“ bei natürlichen Bestandteilen von Lebensmitteln immer relativ gesehen werden sollte, fanden jedoch Forschung und Wissenschaft einiges im Laufe der Zeit über diesen festen Baustein von vor allem tierischen Produkten heraus.

Methionin: Vorkommen, Lebenserwartung und radikale Wirkung

Methionin ist eine der essentiellen Aminosäuren und muss damit von außen dem Körper zugeführt werden. Vor allem stark proteinhaltige Nahrungsmittel wie rotes Fleisch, Lachs, Geflügel, aber auch insbesondere Paranüsse und Sesam sind besonders hoch an Methionin [1]. In der Forschung gibt es eine recht einfache Methode, um herauszufinden, was für eine Aminosäure für einen Effekt auf Lebewesen haben könnte. Im Grunde genommen macht man dabei nichts weiter, als eine bestimmte Ernährung mit einem Mangel oder einer hohen Dosis von einer Substanz für die Tiere zur Verfügung zu stellen und daraufhin zu beobachten, was im Vergleich zu Kontrollgruppen mit den Versuchstieren passiert. Interessant wurde es dann natürlich, als die Tiere mit einer sehr niedrigen Versorgung an Methionin eine deutlich erhöhte Lebenserwartung zu entwickeln schienen – neben weiteren potentiell positiven Effekten.

Met restriction resulted in a 42% increase in mean and 44% increase in maximum life span, and in 43% lower body weight compared to controls (P < 0.001). Increases in blood GSH levels of 81% and 164% were observed in mature and old Met-restricted animals, respectively (P < 0.001). [Studie]

Natürlich fragt man sich bei solchen Ergebnissen zur Lebenserwartung – ganz zu Schweigen von den Effekten auf die Gewichtsreduktion – wie so etwas denn funktionieren könnte. Untersuchungen zeigten mehr und mehr, dass durch eine Reduktion von Methionin die Produktion an Radikalen und Schäden an Zellen zurück ging. Vor allem die Funktion der Leber und des Herzens schien durch Methionin beeinträchtigt zu werden.

Methionine restriction without energy restriction increases, like caloric restriction, maximum longevity in rodents. Previous studies have shown that methionine restriction strongly decreases mitochondrial reactive oxygen species (ROS) production and oxidative damage to mitochondrial DNA, lowers membrane unsaturation, and decreases five different markers of protein oxidation in rat heart and liver mitochondria. [Studie]

Dabei wäre ein sofortiger und möglicher Einwand, dass eine Reduktion von mitochondrialer Radikal-Produktion doch eigentlich auch ein Zeichen für eine verringerte Produktion von Energie bedeuten könnte. Schließlich ist es ein natürlicher Prozess, dass bei der Produktion von ATP unterschiedliche Radikale wie Superoxid-Anionen produziert werden und zum Teil wichtige Signalfunktionen besitzen [2]. Diese Ansicht könnte man sicherlich auch weiterhin vertreten, bis man auf weitere Zusammenhänge stößt, die einen solchen Effekt in diesem Fall tatsächlich als negativ darstellen können.

Methionin: Radikalbildung und Effekte auf Schilddrüsenhormone

Schilddrüsenunterfunktion bzw. eine gesunde Regulierung jeglicher Schilddrüsenhormone ist in der heutigen Zeit in vielen Berichten, Artikel und Beiträgen ein großes Thema und natürlich gibt es in diesem Zusammenhang auch viele Empfehlungen. Selten wird dabei jedoch auf einen Zusammenhang zwischen Methionin und T3 (Triiodthyronin) hingewiesen. Methionin, als Bestandteil von zellulären Strukturen ist recht oxidationsfreudig, was ihn in erster Linie wie einen Radikalfänger erscheinen lässt [3]. Schließlich reagieren alle Radikale direkt mit dieser Aminosäure. Ist das nicht super?  Vor allem Peroxinitrit – ein sehr aggressives Radikal, das insbesondere zu Schäden an Zellmembranen führen kann – reagiert mit Methionin und kann dadurch “entschärft“ werden [4]. Somit wäre auch verständlich, warum eine hohe Menge an zellulärem Methionin in den Strukturen von Zellen zu elevierten Markern radikaler Vorgänge zu führen scheint und dass insbesondere ein Zustand, der mit einer erhöhten Radikal-Produktion in Zusammenhang steht (Beispiel: Stress und entzündliche Belastungen) zu einer deutlich erhöhten Oxidation von Methionin führen kann. Auch war interessant, dass eine Reduktion von Methionin die Zellmembranen zu stabilisieren schien (lower membrane unsaturation). Ob es sich dabei lediglich um den gerade beschrieben Vorgang reduzierter oxidativer Vorgänge, oder weitere mögliche Reaktionen über andere Radikale wie Peroxinitrit handelt, ist jedoch unklar. Doch an sich klingt die Funktion von Methionin als Radikalfänger gar nicht so schlecht – bis man versteht, was danach im Körper passiert. Bekannt ist, dass Methionin den Fett-Stoffwechsel zu beeinflussen scheint und Tiere mit einer fett-lastigen Ernährung (hohe Menge an Omega-6) schienen deutlich besser zu überleben, solange Methionin in der Ernährung reduziert blieb [5,6].

HFD-fed mice showed widespread systemic metabolic disorders and thyroid dysfunction. A MRD [Methionine Reduced Diet] significantly increased energy expenditure (e.g. fatty acid oxidation, glycolysis, and tricarboxylic acid cycle metabolism), regulated protein homeostasis, improved gut microbiota functions, prevented thyroid dysfunction, increased plasma thyroxine and triiodothyronine levels, decreased plasma thyroid stimulating hormone levels, increased type 2 deiodinase (DIO2) activity, and up-regulated mRNA and protein expression levels of DIO2 and thyroid hormone receptor α1 in the skeletal muscle. These results suggest that a MRD can improve the metabolic disorders induced by a HFD, and especially regulate energy and protein homeostasis likely through improved thyroid function. [Studie]

Wie in der gerade zitierten Studie beschrieben, scheint Methionin mit Schilddrüsen-Hormonen etwas zu tun zu haben. Oxidiert Methionin zu Methionin-Sulfoxid, muss es durch T3 wieder zurück zu Methionin reduziert werden. Also genau die Substanz, die generell als DAS aktive Schilddrüsenhormon bekannt und Bestandteil vieler Medikamente ist [7]. Dadurch ist auch verständlich, warum eine Reduzierung von Methionin in der Ernährung zu einer Reduktion des Gewichts bei Mäusen führen konnte, ganz zu schweigen von anderen möglichen Effekten, die durch einen verringerten Verbrauch von Schilddrüsenhormonen durch oxidiertes Methionin vorstellbar wären. Ebenso wäre denkbar, dass vor allem Menschen mit einer Schilddrüsenunterfunktion positive Effekte durch eine Reduktion von Methionin erzielen könnten. Weniger Methionin würde dabei bedeuten, dass weniger T3 für die Reduktion von oxidiertem Methionin benötigt wäre und für andere Prozesse im Körper eingesetzt werden kann.

Kann Methionin unsere Gene hinter Schloss und Riegel setzen?

Zusammenfassung: Methionin Stress und Methylierung

Schilddrüsenfunktion, oxidativer Schaden und Stress sind noch nicht das Ende der Geschichte und da Methionin eine der wenigen sulfurhaltigen Aminosäuren ist, wäre ein letzter Ausblick auf Methylierung von Histonen und einer damit verbundenen Regulation von Gen-Aktivität möglicherweise sinnvoll. Was kompliziert klingen mag ist recht einfach zu beschreiben:

Die Methylierung der DNA durch Methylgeber wie Methionin führt im Grunde genommen zu einer Veränderung der Aktivität bestimmter Gensequenzen. Methylgeber – so wie Methionin – sind also potentiell dazu in der Lage, die Expression bestimmter Gene zu verstärken oder zu reduzieren. Damit sind sie bedingt wichtig, potentiell schädlich, oder möglicherweise nützlich.

Steht ein System unter Stress, kann es versuchen, einen Status Quo aufrecht zu erhalten, oder aber – sollte das Umfeld oder die Bedingungen günstig sein – die Gefahr eingehen und nach Möglichkeiten zur Veränderung und Adaption suchen. So in etwa wurde in einem Artikel von Dr. Raymond Peat vermutet, könnte der Prozess einer verstärkten Methylierung zu erklären sein und eine solche Beobachtung wäre indirekt auch unterstützt durch die Beobachtung, dass ältere Menschen meist eine erhöhte Histon-Methylierung haben [8,9]. Die Methylierung von Histonen wäre damit vergleichbar mit einem Schloss, das an eine Gensequenz gehängt wird.

Ob eine solche Darstellung zutrifft und ob sie immer eindeutig ist, sollte in Relation gesehen werden. Wie so immer gilt, dass einzelne Substanzen nicht gezwungenermaßen in jedem Körper zu den gleichen Effekten führen müssen und auch Methionin besitzt seine grundlegenden Eigenschaften im Körper, die nicht immer negativ sein müssen.

Methionine is an aliphatic, sulfur-containing, essential amino acid, and a precursor of succinyl-CoA, homocysteine, cysteine, creatine, and carnitine. Recent research has demonstrated that methionine can regulate metabolic processes, the innate immune system, and digestive functioning in mammals. [Studie]

Das ist eine ganz schöne Liste an möglichen Funktionen. Methionin jedoch extra zu ergänzen, sollte gut überlegt werden. Dasselbe gilt übrigens auch für Tryptophan, Cystein, Arginin und Histidin.

Quellenangabe:

  1. https://de.wikipedia.org/wiki/Methionin
  2. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15051313
  3. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2630790/
  4. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10845703
  5. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28929442
  6. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/29978874
  7. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12915350
  8. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2814091/
  9. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2847747/