Phenylalanin: Essentielle Funktionen für Dopamin

Auf einen Blick

  • Phenylalanin ist für den Körper essentiell
  • Eine der zentralen Funktionen dieser Aminosäure ist die Produktion von Dopamin
  • Während Dopamin selbst viele wichtige Aufgaben im Körper erfüllt, kann es auch einen erhöhten Serotonin-Spiegel gegenbalancieren
  • Auch Faktoren wie Libido schienen von der Supplementierung mit Phenylalanin zu profitieren
  • Da jedoch BCAAs und AAA (aromatische Aminosäuren) wie Phenylalanin im Körper um Enzyme konkurrieren können, gibt es bei der Aufnahme ein paar Dinge zu beachten
Phenylalanin ist ein wichtiger Baustoff für den anregenden Neurotransmitter Dopamin!

Phenylalanin: Wirkung, Serotonin und Wechselwirkungen

Phenylalanin ist eine essentielle Aminosäure und muss daher durch die Nahrung dem Körper zugeführt werden. Aminosäuren wie Phenylalanin sind alleine deswegen schon für uns interessant, da sie neben ihrer Notwendigkeit als lebensnotwendige Bausubstanz für Gewebe gleichzeitig in uns eine starke Wirkung auf Neurotransmitter und damit auf unseren Hormonhaushalt, unser Verhalten und so ziemlich alles haben, was in unserem Körper Richtungen vorgeben kann. Phenylalanin ist dabei ein zentraler Grundbestandteil von Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin, Melanin und weiteren Botenstoffen. Fehlt uns Phenylalanin, merken wir es. Haben wir davon zu viel, merken wir es genauso. Der Forschung ist natürlich ein solcher Zusammenhang bekannt und nicht ohne Grund gibt es spezifische Tests an Tieren, bei denen selektiv Aminosäuren erhöht zugeführt oder entleert werden. Doch was gibt es noch über diese essentielle Aminosäure zu wissen? Ist sie gefährlich in höheren Mengen? Gibt es Nebenwirkungen? Kann man sie therapeutisch einsetzen?

Phenylalanin: Dopamin und Serotonin Antagonismus

Wie bereits in anderen Artikeln beschrieben, kann Serotonin als Neurotransmitter durchaus seinen Schaden im Körper anrichten. Auch wenn bis heute die Datenlage zu dieser Substanz noch umstritten ist, steht sie doch sehr stark im Zusammenhang mit psychologischen Belastungszuständen, Angst, Depression und Aggression [1].

  1. Injection of serotonin (5-hydroxytryptamine) to rats, induced a dramatic fall in brain ATP level, accompanied by an increase in P(i). Concomitant to these changes, the activity of cytosolic phosphofructokinase, the rate-limiting enzyme of glycolysis, was significantly enhanced. Stimulation of anaerobic glycolysis was also reflected by a marked increase in lactate content in brain. 2. Brain glucose 1,6-bisphosphate level was decreased, whereas fructose 2,6-bisphosphate was unaffected by serotonin. 3. All these serotonin-induced changes in brain, which are characteristic for cerebral ischemia, were prevented by treatment with the calmodulin (CaM) antagonists, trifluoperazine or thioridazine. 4. Injection of serotonin also induced a marked elevation of plasma hemoglobin, reflecting lysed erythrocytes, which was also prevented by treatment with the CaM antagonists. 5. The present results suggest that CaM antagonists may be effective drugs in treatment of many pathological conditions and diseases in which plasma serotonin levels are known to increase. [Studie]

Daher stellt sich die Frage, ob man nicht in irgendeiner Art und Weise Serotonin im Körper senken könnte, ohne allzu drastisch in den Alltag einzugreifen, oder Medikamente zu nehmen. Dopamin und Serotonin stehen in einer Art Antagonismus zueinander [2]. Während Serotonin eher mit einer Art Rückzug und Reduktion von Stimuli zu tun haben scheint, steht Dopamin – insbesondere in Zusammenhang mit Katecholaminen wie Noradrenalin – im Zusammenhang mit Stimulierung, neuen Informationen, belohnender Erwartungshaltung, Anspannung und Suchtverhalten [3]. Auch wenn die Verbindung zwischen Dopamin und Suchtverhalten nicht so eindeutig ist (eher zu einer Bereitschaft, Risiken bereitwilliger einzugehen [4]) und seinen eigenen Hintergrund besitzen mag, ziehen beide Neurotransmitter doch recht deutlich in entgegengesetzte Richtungen. Beides mag im jeweiligen Kontext sowohl gut als auch schlecht klingen, doch im Falle von chronischem Stress und dauerhafter Anspannung, bakterieller Belastung durch einen Reizdarm und anderen recht modernen Zuständen, neigen wir eher zu einem Überschuss an Serotonin – und bei einer gleichzeitigen Überstimulierung durch unser Umfeld fährt dadurch unser Körper tendenziell in seiner Leistung eher herunter, während sein Bedarf hoch bleibt. Reaktiv kann es dadurch natürlich zu allerhand möglichen Symptome kommen, nicht nur psychischer Natur.

Da Phenylalanin aus der Nahrung via Tyrosin – einer weiteren Aminosäure, die durch Phenylalanin hergestellt werden kann – die Produktion von Dopamin und anderen aktivierenden Signalmolekülen führen kann, stellt sich natürlich die Frage, ob man durch eine erhöhte Zufuhr an Phenylalanin die Neurotransmitter-Balance im Körper verändern könnte. Genau hier wurde in der Forschung angesetzt und voller Eifer und Aufregung beobachteten die Forscher ihre Probanden und Mäuse im Anschluss – bei ihrem Sexualverhalten.

Können Aminosäuren unseren Libido beeinflussen?

Phenylalanin: Sex, soziale Interaktionen und scharfe Mäuse

Sexual deficiency or frank impotence in man could be due to an imbalance of monoamines, particularly 5-HT, at the mating center level. An absolute or relative excess of 5-HT seems to antagonize testosterone at the level of the mating center receptors in the brain. Plasma testosterone levels in so-called psychological impotence are normal. When the 5-HT concentration in sexually deficient men is sufficiently decreased with parachlorophenylalanine (PCPA) treatment and testosterone levels increased following its administration, a vivid sexual stimulation appears in about half of the untractable cases. Similar results are observed by substituting testosterone with monoamine oxydase inhibitor (MAOI) in PCPA-treated volunteers. Furthermore, MAOI-PCPA are administered to emphasize the brain shift between serotonin and catecholamines. Yet the PCPA-MAOI treatment avoids the prostate carcinogenic risk of testosterone administration in aging males, and seems to have euphorizing effects stronger than those expected only from MAOI therapy. Because of the several side effects of PCPA-MAOI testosterone, the present experiments should be interpreted very cautiously. [Studie]

Männer, deren 5-HT (Vorstufe zu Serotonin) reduziert wurde durch eine synthetische Form von Phenylalanin, verzeichneten deutlich erhöhte Testosteron-Werte und Libido. Ähnliche Ergebnisse wurden ebenfalls im Vorfeld bei Mäusen gefunden [5,6]. Eine erhöhte “reproduktive Fitness“ und ein kommunikativer Drang sind jedoch nicht nur Faktoren für Lebensqualität, sondern auch ein potentieller Marker für den gesundheitlichen Status einer Person. Potenzstörungen oder Unfruchtbarkeit sind unter anderem ein starkes Zeichen für ein gestresstes System und obwohl Dopamin und Katecholamine einiges mit Stress zu tun haben können, haben sie in angemessenen Dosen einen durchaus positiven Effekt. Da sie primär mobilisierend wirken (auch für den Stoffwechsel), sollte das jedoch nicht unbedingt überraschen. Doch nicht nur hier war ein Unterschied zwischen Tryptophan und Phenylalanin/Tyrosin zu erkennen gewesen.

Overall, there were no significant differences in phasic alertness for the different challenge conditions. Regarding PTD administration, a positive correlation between the reaction times and the DA-related depletion magnitude was detected via the lower plasma tyrosine levels and the slow reaction times of the first run of the task. In contrast, higher tryptophan concentrations were associated with slower reaction times in the fourth run of the task in the same challenge group. […]The present study is the first to demonstrate preliminary data that support an association between decreased central nervous system DA synthesis, which was achieved by dietary depletion strategies, and slower reaction times in specific runs of a task designed to assess phasic alertness in healthy adult volunteers; these findings are consistent with previous evidence that links phasic alertness with dopaminergic neurotransmission. [Studie]

Reaktionsgeschwindigkeit, Aufmerksamkeit und Dopamin! Was soll da also noch schiefgehen können, wenn man sich einfach täglich Unmengen an Phenylalanin einwirft?

Was muss man bei der Dosierung von Phenylalanin beachten?

Phenylalanin: Nebenwirkungen, Wechselwirkungen und Dosierung

Verwenden wir ausreichende Mengen, kann so ziemlich alles toxisch wirken. Dasselbe gilt natürlich absolut auch für Aminosäuren, die in Neurotransmitter umgewandelt werden. Abgesehen davon, dass es einige bekannte Erkrankungen mit einem gestörten Phenylalanin-Haushalt gibt, bleiben anregende Neurotransmitter nun mal anregend [7]. Eine Überdosierung an adrenergen stimulierenden Substanzen im Körper ist daher leicht mit einem Stress für den Körper in Verbindung zu bringen und kann nachvollziehbar zu einer sogenannten Exzitotoxizität führen. Dabei zeigte vor allem eine Studie ganz gut, dass die Dosis durchaus das Gift machte. Mäusen wurden 300mg/kg Phenylalanin verabreicht, was zu einem aggressiven Verhalten führte und die Mäuse dazu brachte, sich gegenseitig zu töten. Wurden jedoch die gleiche Menge an Phenylalanin über den Tag verteilt verabreicht, kam es nicht zu dieser Reaktion:

Both p-chlorophenylalanine (PCPA) and PCPA methyl ester were found to reliably induce mouse-killing in non-killer rats only when unusually large doses were used (three successive daily injections of 300 mg/kg) and brain serotonin (5-HT) concentration was drastically reduced (about 90 percent). Neither three doses of 100 mg/kg of PCPA nor p-chloroamphetamine (3 times 3.5 mg/kg) caused similar effects in spite of the fact that these compounds depleted brain 5-HT by 85 percent and 60 percent, respectively. [Studie]

Im Falle von Phenylalanin scheint also vor allem die akute Dosis das Gift zu machen. Aber noch etwas ganz anderes ist interessant zu wissen. Während viele Menschen – vor allem im Sport – auf BCAAs als Nahrungsergänzungsmittel vertrauen, ist dabei selten bekannt, dass beispielsweise Valin, Leucin und Isoleucin einen entleerenden Effekt auf Tryptophan, Phenylalanin und Tyrosin und damit auf unsere Neurotransmitter zu haben scheinen.

The acute tryptophan or tyrosine plus phenylalanine depletion and loading tests are powerful tools for studying the roles of serotonin, dopamine and noradrenaline in normal subjects and those with behavioural disorders. The current amino acid formulations for these tests, however, are associated with undesirable decreases in ratios of tryptophan or tyrosine plus phenylalanine to competing amino acids resulting in loss of specificity. […] The presence of excessive amounts of the 3 branched-chain amino acids Leu, Ile and Val is responsible for these unintended decreases and the consequent loss of specificity. Strategies for enhancing the specificity of the different formulations are proposed. [Studie]

Klingt also fast so, als würde die übermäßige Einnahme von einzelnen Aminsäuren wie BCAAs dazu in der Lage sein, Neurotransmitter und damit all den Spaß aus unserem Leben zu saugen. Daher empfiehlt sich generell für jeden Menschen, der mit essentielle Aminosäuren supplementiert, zur gleichen Zeit mit einer angemessenen Dosis an Phenylalanin und ggf. sogar Tryptophan zu supplementieren. Einige Gramm zusätzlich (30-40mg/kg Körpergewicht) sollten dabei pro Tag vom Körper gut zu verkraften sein [8]. Optimalerweise und aufgrund der anregenden Wirkung von Phenylalanin, sollte es eher zu Beginn des Tages eingenommen werden. Unsicher ist noch, warum Phenylalanin vom Körper leichter aufgenommen wird als Tyrosin, jedoch sprechen sich die meisten Studien eher für Phenylalanin, statt für Tyrosin als Supplement aus [7,9].

Quellenangabe:

  1. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/7875554
  2. http://raypeat.com/articles/articles/serotonin-depression-aggression.shtml
  3. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22491827
  4. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4038955/
  5. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1702805/
  6. https://www.nature.com/articles/227616a0
  7. https://pubchem.ncbi.nlm.nih.gov/compound/L-phenylalanine#section=Top
  8. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11117429
  9. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/0003986162900620?via%3Dihub