Blue Zones Ernährung: Was wir von den ältesten Menschen der Welt lernen können

Ernährung in den Blue Zones

Länger leben dank besserer Ernährung?

Was essen Menschen, die besonders alt werden und dabei erstaunlich gesund bleiben? Diese Frage stand im Mittelpunkt zahlreicher Untersuchungen rund um die sogenannten „Blue Zones“. Dabei handelt es sich um Regionen auf der Welt, in denen überdurchschnittlich viele Menschen über 90 oder sogar 100 Jahre alt werden und noch in erstaunlich guter körperlicher und geistiger Verfassung sind.

In diesem Beitrag werfen wir einen Blick auf die Ernährung in den Blue Zones und darauf, was wir aus diesen Erkenntnissen für unseren Alltag mitnehmen können.

Was sind die “Blue Zones”?

Der Begriff „Blue Zones“ geht auf den Demografen Dan Buettner zurück, der gemeinsam mit Forschern verschiedene Regionen identifizierte, in denen Menschen besonders alt werden. Die bekanntesten dieser Regionen sind:

  • Okinawa (Japan)
  • Sardinien (Italien)
  • Nicoya-Halbinsel (Costa Rica)
  • Ikaria (Griechenland)
  • Loma Linda (Kalifornien, USA

Trotz kultureller, genetischer und demographischer Unterschiede zeigen sich bei der Ernährung dieser Communities überraschende Gemeinsamkeiten. Genau hier setzt die sogenannte “Blue Zones Ernährung” an: Sie überträgt die Erkenntnisse aus diesen Regionen auf moderne, westliche Lebensweisen und kombiniert sie mit wissenschaftlichen Beobachtungen. (1)

Gemeinsamkeiten in der Ernährung der Blue Zone Gebiete

Die Analysen der Essgewohnheiten in den Blue Zones zeigen klare Muster, die mit gesundem Altern in Verbindung gebracht werden. Dazu gehören:

  • Pflanzenbasierte Ernährung: Die grösste Gemeinsamkeit, die beobachtet wurde, war dass die meisten der Menschen in den Blue Zones nur selten Fleisch essen. In allen Regionen spielt Gemüse eine zentrale Rolle. Hülsenfrüchte wie Bohnen, Linsen und Kichererbsen sind täglicher Bestandteil der Mahlzeiten. Fleisch und Milchprodukte werden meist nur ein paar mal pro Monat oder zu besonderen Anlässen konsumiert.
  • Vollwertige Kohlenhydrate: In allen Speiseplänen wurden viel Kohlenhydrate gefunden, jedoch statt raffinierten Kohlenhydraten wie Weissbrot, Weisser Reis und Zucker stehen eher Süsskartoffeln, Vollkorngetreide, Mais und Naturreis auf dem Speiseplan. Vollwertige Kohlenhydrate haben mehr Ballaststoffe und werden langsamer vom Körper aufgenommen, wodurch sie besser verstoffwechselt werden. Ausserdem enthalten die Schalen der Vollwertgetreide viele wichtige Minerale und Vitamine, die unser Körper täglich braucht.
  • Wenig Zucker, kaum verarbeitete Lebensmittel: Raffinierter Zucker, Süssigkeiten und industriell hergestellte Produkte spielen nur eine kleine Rolle in der Ernährung der Blue Zones. Wenn gesüsst wird, dann meist mit Honig oder frischem Obst. 
  • Regelmässige, aber leichte Mahlzeiten: Viele Menschen in den Blue Zones essen zwei- bis dreimal täglich, und das oft in kleinen Portionen. In Japan ist das Prinzip „Hara Hachi Bu“ verbreitet: Essen bis man zu 80 % satt ist.

Mögliche Effekte auf die Gesundheit

Die Ernährung in den sogenannten Blue Zones weist viele Gemeinsamkeiten mit der mediterranen Kost auf, einer Ernährungsweise, deren positive Auswirkungen auf die Gesundheit bereits durch zahlreiche Studien belegt sind. Sie wird unter anderem mit einem niedrigeren Blutdruck, stabileren Blutzuckerwerten, einem geringeren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, einem verlangsamten kognitiven Abbau sowie einer reduzierten Krebsrate in Verbindung gebracht. Diese Befunde sind durchaus bemerkenswert. (1)(5)

Eine weitere Theorie zur außergewöhnlichen Langlebigkeit in den Blue Zones bezieht sich auf genetische Faktoren. So könnten bestimmte Menschen in diesen Regionen besser vor Zellalterung geschützt sein, möglicherweise aufgrund einer erhöhten Aktivität des Enzyms Glukose sechs phosphat Dehydrogenase, kurz G6PD. Dieses Enzym schützt die Zellen vor oxidativem Stress, der durch ein Ungleichgewicht zwischen freien Radikalen und Antioxidantien entsteht und zu Zellschäden, Entzündungen sowie Alterungsprozessen führen kann. G6PD trägt dazu bei, dieses Gleichgewicht wiederherzustellen und die Zellfunktionen aufrechtzuerhalten. Ob eine gesteigerte G6PD Aktivität tatsächlich ein Schlüssel zur Langlebigkeit ist, bleibt jedoch Gegenstand weiterer Forschung. (3)

Ergänzt wird dieser gesundheitsfördernde Lebensstil durch regelmäßige Bewegung im Alltag, ein stabiles soziales Umfeld und einen klaren Lebenssinn, in Okinawa etwa als Ikigai bezeichnet. Zusammengenommen scheinen diese Faktoren nicht nur die Lebenserwartung, sondern auch die Lebensqualität positiv zu beeinflussen. (2)(3)

Kritische Betrachtung

Ein entscheidender Aspekt ist, dass die Lebensweise in den Blue Zones weit über die Ernährung hinausgeht. Viele Bewohner dieser Regionen sind körperlich aktiv, pflegen gute soziale Kontakte und leben stressärmer als Menschen in westlichen Industrienationen. Zudem stammen viele der Erkenntnisse aus Beobachtungsstudien. Ein direkter Kausalzusammenhang zwischen Ernährung und Langlebigkeit ist daher nicht immer eindeutig belegbar. Auch genetische Faktoren könnten eine Rolle spielen. Ein weiterer Punkt: Die Übertragbarkeit auf den modernen Alltag ist nicht immer einfach. Die Lebensweise in den Blue Zones ist stark von regionaler Tradition geprägt und lässt sich nicht 1:1 in unseren Lebensstil integrieren.

Fazit

Die Ernährung der Blue Zones liefert wertvolle Anhaltspunkte für eine gesundheitsfördernde Ernährung: Weniger tierische Produkte, mehr verschiedenes Gemüse und Obst, möglichst unverarbeitet und in massvollen Mengen. Das scheint ein Schlüssel zu gesünderem Altern zu sein. Auch wenn nicht alle Elemente der Blue Zones Ernährung direkt auf unser Leben übertragbar sind, kann sie als inspirierender Leitfaden dienen.  Kombiniert mit Bewegung, sozialem Miteinander und Achtsamkeit bietet sie eine Grundlage für mehr Wohlbefinden – und möglicherweise ein längeres, gesünderes Leben.

Literaturhinweis:

  1. Buettner, D., & Skemp, S. (2016). Blue Zones: Lessons from the world’s longest lived. American Journal of Lifestyle Medicine, 10(5), 318–321. https://doi.org/10.1177/1559827616637066​:contentReference[oaicite:1]{index=1}
  2. Institute of Medicine. (2015). Business engagement in building healthy communities: Workshop summary. National Academies Press. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK298903/
  3. Ulusu, N. N. (2024). Revealing the secrets of Blue Zones. Frontiers in Pharmacology, 15, 1428111. https://doi.org/10.3389/fphar.2024.1428111
  4. Pes, G. M., Dore, M. P., Tsofliou, F., & Poulain, M. (2022). Diet and longevity in the Blue Zones: A set-and-forget issue? Maturitas, 164, 31–37. https://doi.org/10.1016/j.maturitas.2022.06.004
  5. Guasch-Ferré, M., & Willett, W. C. (2021). The Mediterranean diet and health: A comprehensive overview. Journal of Internal Medicine, 290(3), 549–566. https://doi.org/10.1111/joim.13333