Wie Lactoferrin das Darmmikrobiom älterer Menschen modulieren kann

Lactoferrin und der Darm: Neue Erkenntnisse aus 2025
Mit zunehmendem Alter verändert sich die Zusammensetzung des Darmmikrobioms systematisch. Die mikrobielle Vielfalt nimmt ab, während bestimmte gesundheitsfördernde Mikroben wie Bifidobacterium, Coprococcus oder Faecalibacterium prausnitzii seltener werden. Gleichzeitig steigen Populationen entzündungsassoziierter Bakterien, was zu einem Phänomen führt, das als „inflammaging“ bezeichnet wird. Das ist eine chronisch erhöhte Entzündungsbereitschaft, die das Immunsystem belastet.
Diese Veränderungen beeinflussen nicht nur die Verdauung, sondern auch das gesamte Wohlbefinden: eine geschwächte Darmbarriere, gesteigerte systemische Entzündungswerte, eine verschlechterte Immunabwehr und Veränderungen des Stoffwechsels sind typische Folgen.
Bisher standen Pro- und Präbiotika im Fokus der Forschung, um die Darmgesundheit zu unterstützen. Neuere Studien rücken jedoch ein altbekanntes Molekül wieder in den Vordergrund: LACTOFERRIN, ein eisenbindendes Glykoprotein, das vor allem in Muttermilch und Kolostrum vorkommt. Neben seinen bekannten immunmodulierenden Eigenschaften zeigt sich zunehmend, dass Lactoferrin auch gezielt das Darmmikrobiom beeinflussen kann.
Dieser Beitrag erklärt, warum der Eisenstatus von Lactoferrin, insbesondere in seiner gesättigten Form (Holo-Lactoferrin), eine Schlüsselrolle für die Darmgesundheit im Alter spielt und warum es in keiner Hausapotheke fehlen sollte.
Wie Lactoferrin wirkt: Eisenregulation und Mikrobiom
Eisen ist ein essenzieller Mikronährstoff, der in zahlreichen zellulären Prozessen eine zentrale Rolle spielt, darunter Zellproliferation, Sauerstofftransport und DNA-Reparatur. Im Darm weist Eisen eine komplexe Doppelrolle auf: Es ist für viele kommensale Mikroorganismen unverzichtbar, kann aber in freier Form das Wachstum potenziell pathogener Bakterien wie Escherichia coli oder Clostridium difficile fördern und oxidativen Stress durch die Bildung reaktiver Sauerstoffspezies auslösen.
Lactoferrin moduliert diesen Mechanismus auf bemerkenswerte Weise. Durch seine Fähigkeit, freies Eisen zu binden, reduziert es die Verfügbarkeit von Eisen für pathogene Keime und begrenzt oxidativen Stress. Gleichzeitig kann Lactoferrin Eisen in kontrollierter Form freisetzen, wodurch selektiv nützliche Darmmikroben gefördert werden und eine ausgewogene Mikrobiota unterstützt wird.
Lactoferrin: Mehr als nur ein Immunsystem-Baustein
Lactoferrin erfüllt im Körper also gleich mehrere Schlüsselaufgaben:
- Eisenbindung und -regulation: Eisen ist essenziell für Zellwachstum, DNA-Reparatur und Sauerstofftransport. Gleichzeitig fördert freies Eisen das Wachstum pathogener Bakterien und kann oxidativen Stress durch reaktive Sauerstoffspezies (ROS) auslösen.
- Antimikrobielle Wirkung: Durch die Bindung von freiem Eisen reduziert Lactoferrin die Verfügbarkeit für pathogene Mikroben.
- Immunmodulation: Es unterstützt die Abwehr gegen Bakterien, Viren und Pilze und reguliert Entzündungsprozesse.
Holo-Lactoferrin: Ein Mikrobiom-Coach für den alternden Darm
Eine aktuelle Studie von María Ruiz-Rico et al. (2025) liefert faszinierende Einblicke in die Rolle von Lactoferrin im Darm älterer Menschen. In einem in-vitro-Colonmodell, das die typischen Eigenschaften des Mikrobioms älterer Erwachsener simuliert, wurden die Auswirkungen der beiden Lactoferrin-Formen auf Zusammensetzung und Vielfalt der Darmflora untersucht:
- Apo-Lactoferrin (eisenfrei)
- Holo-Lactoferrin (eisengesättigt)
Die Ergebnisse waren bemerkenswert: Nur Holo-Lactoferrin führte zu einer signifikanten Erhöhung der mikrobiellen Diversität und förderte gezielt Mikroorganismen wie Bifidobacterium, Coprococcus und Alistipes, die entzündungsregulierende Metabolite wie kurzkettige Fettsäuren (SCFAs) produzieren, welche die Darmbarriere stärken und das Immunsystem modulieren. Apo-Lactoferrin zeigte diese Effekte nicht, wirkt aber antioxidativ, schützt die Darmschleimhaut vor oxidativem Stress, stabilisiert Tight-Junction-Proteine und unterstützt die lokale Immunabwehr. Beide Formen beeinflussen zudem direkt die Darmschleimhaut:
- Holo-Lactoferrin: Fördert das Wachstum gesundheitsrelevanter Mikroben und deren metabolische Signale, die die Barriere indirekt stärken und die Immunabwehr unterstützen.
- Apo-Lactoferrin: Stabilisiert Zellverbindungen der Schleimhaut direkt und schützt die Barriere selbst bei eingeschränkter Eisenverfügbarkeit oder reduzierter mikrobieller Aktivität.
Die Kombination beider Formen sorgt so für ein gleichgewichtiges Zusammenspiel zwischen Mikrobiom, Darmschleimhaut und Immunsystem – ähnlich einem „Mikrobiom-Coach“, der Gleichgewicht und entzündliche Prozesse reguliert und die Darmgesundheit im Alter fördert.
Klinische Perspektiven: Vom Labor zum Menschen
Obwohl die bisherigen Ergebnisse vielversprechend sind, stammen sie derzeit vor allem aus in-vitro-Modellen. Klinische Studien am Menschen stehen noch aus, doch die Erkenntnisse eröffnen neue Perspektiven für Ernährungsmedizin und Mikrobiomforschung. Holo-Lactoferrin könnte zukünftig gezielt eingesetzt werden für:
- Prävention von Dysbiosen: Holo-Lactoferrin könnte altersbedingte Verschiebungen im Mikrobiom ausgleichen.
- Stärkung der Darmbarriere: Durch Förderung entzündungshemmender Mikroben und direkten Schutz der Schleimhaut.
- Reduktion systemischer Entzündungen: Besonders relevant für chronische Erkrankungen im Alter.
Die Wirkung ist jedoch individuell geprägt. Ernährung, Medikamente, genetische Disposition, Vorerkrankungen und allgemeiner Gesundheitszustand beeinflussen den Effekt von Lactoferrin. Es ist also keine universelle Lösung, sondern eine gezielte Intervention, die das Zusammenspiel von Eisenstoffwechsel, Mikrobiom und Immunsystem berücksichtigt.
Fazit: Weitere Studien an Holo-Lactoferrin stehen noch aus
Die Studie von Ruiz-Rico et al. zeigt, dass Holo-Lactoferrin eine zentrale Rolle für die Stabilisierung des Mikrobioms im alternden Darm spielt. Es fördert gezielt Bakterien, die Entzündungen regulieren, die Darmbarriere stärken und den Stoffwechsel unterstützen. Apo-Lactoferrin ergänzt diese Wirkung, indem es die Darmschleimhaut schützt, oxidativen Stress reduziert und die lokale Immunantwort moduliert.
Holo-Lactoferrin agiert damit als Schlüsselmodulator der mikrobiellen Ökologie im Alter. Klinische Studien am Menschen stehen noch aus, doch die bisherigen Erkenntnisse eröffnen Perspektiven für gezielte Ernährungsinterventionen, um altersbedingte Dysbiosen zu verhindern, die Darmbarriere zu stabilisieren und die Darmgesundheit nachhaltig zu fördern.
Literaturhinweis
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