Omega-3 und Omega-6: Verhältnis in Zellmembranen

Omega 3 Fettsäuren

„Die Achilles-Ferse“ von Omega-3-Studien

Fettsäuren werden aus der Nahrung resorbiert, in unserem Körper synthetisiert, gelagert, in Energie umgewandelt oder als Baustein verwendet. Transport-Proteine (CD36/FATP/FABPpm und viele mehr) regulieren und überwachen diese Mechanismen [1]. Werden Fettsäuren in unsere Membranen eingebaut, bestimmt ihre Struktur die Signale der Zellwände. Ein einfaches Beispiel: Je ungesättigter die integrierten Fettsäuren sind, desto beweglicher wird die Zellwand – wodurch die Aktivität der an ihr ansetzenden Proteine und Rezeptoren verbessert wird [2-4].

Manche Fettsäuren sind jedoch Konkurrenten um Plätze. So wie Omega 6 und Omega 3. Während Omega 6 generell als entzündungsfördernd bezeichnet werden kann und damit auch sicherlich seinen Platz in unserem Körper besitzt, arbeitet Omega 3 generell entzündungshemmend [5]. Beide brauchen die gleichen Enzyme des Körpers, um an ihren richtigen Platz zu kommen. Lange Zeit war unsere Balance dieser beiden Fettsäuren sehr ausgeglichen. Generell wurde unser Verhältnis auf durchschnittlich 1:1 (Omega 6 zu Omega 3) zur paläolithischen Ära geschätzt [6]. Heute bewegen wir uns häufig in einem Bereich von 20:1 [7]. Das Ergebnis ist leicht zu verstehen. Nicht nur überwiegt ein Übermaß an entzündlichen Prozessen – die dadurch für uns schädlich werden. Fügen wir von außen weitere Stressoren hinzu, können wir sie nur noch schwer regulieren. Nahrungsmittelunverträglichkeiten können entstehen, das Hautbild kann sich verschlechtern, unsere Anfälligkeit für Infektionen und Krankheiten steigt. Chronisch entzündliche Prozesse sind eine Basis für viele neuzeitliche Beschwerden.

Wenn unser Körper übersättigt ist mit Omega 6, hilft es nur bedingt die Zufuhr an Omega 3 zu steigern. Beide Fettsäuren brauchen die gleichen Enzyme im Stoffwechselprozess [8]. Wird unser Körper mit ungesättigten Fettsäuren geflutet, können mehr davon unkontrolliert oxidieren [9]. Genau das wollen wir verhindern. Unser Körper hat verschiedene Mechanismen, die instabile, essentielle Fettsäuren schnell transportieren und einbauen. Funktioniert dies aus bestimmten Gründen nicht gut, bleiben Omega-3-Fettsäuren ungeschützt, wächst die Wahrscheinlichkeit einer oxidativen Zerstörung mitsamt ihren negativen Folgen.

“Polyunsaturated fatty acids oxidation affects the quality and nutritional value of foods (Dacaranhe & Terao, 2001). Consequently, the presence of fatty acid oxidation products in human foods, especially the aldehydes have been implicated in aging, mutagenesis, and carcinogenesis (Kahkonen et al., 1999; Kampa, Niffi, Notas, & Castanas, 2007). The toxicity of these aldehydes such as malondialdehyde (MDA) and 4-hydroxy-2-nonenal (4-HNE) is due to their ability to crosslink to proteins and bind covalently to nucleic acids (Nair, Cooper, Vietti, & Turner, 1986).“ [10]

Wir haben wenige Möglichkeiten einzuschätzen, was unser Körper mit absoluter Sicherheit mit den ihm zur Verfügung stehenden Fettsäuren macht. Unser Körper ist für die moderne Wissenschaft in vielerlei Hinsicht ein weit zu komplexes Wunderwerk. Wir wissen, dass Omega-3-Fettsäuren, integriert in Zellmembranen einen großen Nutzen für uns haben. Kann unser Körper aber die Fettsäuren einbauen? Oxidieren die wichtigen Fettsäuren schon vorher? Nehmen wir zu viel und schaden uns damit? Um einen Richtwert zu bekommen, helfen wissenschaftlich anerkannte Messmethoden, die sich darauf konzentrieren, die Sättigung von Zellmembranen mit den unterschiedlichen Omega Fettsäuren zu untersuchen. Diese Werte geben einen validen Anhaltspunkt, ob wir auf Kurs sind oder auf einem oxidativen Holzweg? Verändert sich der Wert im Verlauf passend zur Versorgung?

Heutzutage ernähren wir uns nicht nur anders – auch unser Leben ist moderner geworden. Wir können die Nacht zum Tag machen und damit unseren Schlaf-Wach-Rhythmus beeinträchtigen. Menschen arbeiten in wechselnden Schichten. Stress ist nicht mehr akut, sondern chronisch. Unsere Nahrung enthält künstliche Giftstoffe, die nicht nur die Leber belasten. Wir bewegen uns nicht mehr frei in der Natur, sondern sind eingeschlossen vor einem Schreibtisch. Soziale Interaktionen finden mehr digital statt, als aus nächster Nähe. Viele dieser Faktoren können Entzündungen chronisch machen und den Körper in seiner Kommunikation stören.

Nicht zuletzt deshalb kommt es zu widersprüchlichen Ergebnissen in Studien rund um Omega-3-Fettsäuren. Nicht zuletzt deshalb erfordert unser modernes Leben zwar ein Blick auf alte Lebensweisen – jedoch zeitgleich eine Adaption an neuzeitliche Herausforderungen. Und nicht zuletzt deshalb sollte man messen und verstehen, was der eigene Körper braucht.

omega6 und omega 3

Zusatz: Omega-3 in Zellen:  Struktur = Funktion

Fettsäuren können mehr, als uns lediglich Energie liefern oder als Reserve lästig an unseren Hüften enden. Fettsäuren sind ein zentraler Bestandteil jeder unserer Zellen. Wenn etwas Teil einer jeden Zelle ist, ist es damit überall in unserem Körper zu finden. Wenn man so will, könnte man unseren Körper als „wässrigen Zellhaufen“ bezeichnen. Phospholipide sind – wie der Name schon sagt –  phosphorhaltige Lipide (Fette), die fast komplett die Wände unserer Zellen (die sog. Zellmembranen) bilden.

Muskeln, Knochen, Organe und zu einem Teil auch unser Gehirn sind hochadaptiv für Veränderungen in unserer Ernährungsweise, vor allem aufgrund von Veränderungen unserer Zellmembranen als negative Konsequenz. Als ein Beispiel kann man auf Studien hinweisen, die zeigten, dass eine Ernährung mit hohem Anteil an gesättigten Fettsäuren Insulinresistenz und eine mediterrane Ernährung mit vielen ungesättigten Fettsäuren eine Insulinsensitivität förderten [11-14]. Während viele weitere Faktoren hier eine Rolle spielen und damit die Ergebnisse kritisch betrachtet werden sollten, zeigen die Studien jedoch deutlich, wie sehr die Ernährung einen Einfluss haben kann. Auch auf unsere Zellmembranen und die Signalleistung von Zellen. Das ist eine wichtige Beobachtung.

Fettsäuren werden erstens durch ihre Länge und zweitens durch ihre Menge an Doppelbindungen beschrieben. So hat zum Beispiel DHA (Docosahexaensäure) die Bezeichnung 22:6 (ω−3). 22 Kohlenstoffatome (Länge), 6 freie Doppelbindungen und am dritten Kohlenstoffatom die erste Doppelbindung. Eine Doppelbindung kann man sich etwa so vorstellen wie einen freien Platz, eine instabile Stelle, die sich binden möchte. Daher auch der Grund, warum man mehrfach ungesättigte Fettsäuren (PUFA) als sehr instabil bezeichnet. Wird die freie Doppelbindung gesättigt, passiert dies häufig über Oxidation – die Fettsäure oxidiert. Dadurch wird unter anderem ihre Funktion verändert und auch ihre Struktur. Sie wird „steifer“. Wertvolle, aber auch extrem empfindliche Fettsäuren wie Omega-3 oder Omega-6 sind daher mit einer gewissen Vorsicht zu verstehen.

DHA

Fettsäuren sind nicht nur wichtig um unseren Zellen als Wandstruktur (Membran) zu dienen. Würde man einen Blick tief ins Innere unserer Zellen werfen, sieht man, wie ständig Enzyme durch unsere Membranen aktiviert werden oder wie Signale an den Körper weiter gegeben werden – je nachdem, wie die Zellwand aufgebaut ist [15]. Unser Körper ist unbeschreiblich faszinierend. Viele Dinge hängen voneinander ab und greifen ineinander, wie ein gewaltiges Werk aus Zahnrädern. Veränderungen der Zellmembranen können alleine im Muskelgewebe nach zwei Wochen in signifikanter Menge entdeckt werden [16,17]. Unser Blut erneuert sich komplett in etwa 120 Tagen. Pro Sekunde werden etwa 2.000.000 neue rote Blutkörperchen produziert.

Von Grund auf haben wir diese ganzen Mechanismen bis heute noch nicht verstanden. Der Körper ist nicht nur biochemisch gesteuert, sondern unterliegt auch den Gesetzen der Physik – und selbst der Quantenphysik. Struktur von Fettsäuren, Nähe zu anderen Substanzen, Kommunikation über Licht,  Verteilung von geladenen Teilchen und vieles mehr, spielen eine Rolle. Wir können mit unserem begrenzten Wissen nur beobachten. Wir können sehen, wie leicht Fette oxidieren oder wie eine veränderte Fettsäurenzusammensetzung der Zellmembranen zu unterschiedlichen Ergebnissen führt und können einen Teil der daraus folgenden Konsequenzen beobachten.

Quellenangabe:

1. Glatz, Luiken & Bonen. Membrane Fatty Acid Transporters as Regulators of Lipid Metabolism: Implications for Metabolic Disease. Physiological Reviews 367–417 (2010). 90,
2. STUBBS & ITH. Essential fatty acids in membrane: physical properties and function. Biochemical Society Transactions 779–781 (1990). 18,
3. Stillwell & Wassall. Docosahexaenoic acid: membrane properties of a unique fatty acid. Chemistry and Physics of Lipids 1–27 (2003). 126,
4. Wassall & Stillwell. Docosahexaenoic acid domains: the ultimate non-raft membrane domain. Chemistry and Physics of Lipids 57–63 (2008). 153,
5. Kang, Wang, Wu & Kang. Transgenic mice: Fat-1 mice convert n-6 to n-3 fatty acids. Nature 504–504 (2004). 427,
6. Simopoulos. Evolutionary aspects of diet, the omega-6/omega-3 ratio and genetic variation: nutritional implications for chronic diseases. Biomedicine & Pharmacotherapy 502–507 (2006). 60,
7. Harris et al. Towards Establishing Dietary Reference Intakes for Eicosapentaenoic and Docosahexaenoic Acids. The Journal of Nutrition 804S–819S (2009). 139,
8. Rubin & Laposata. Cellular interactions between n-6 and n-3 fatty acids: a mass analysis of fatty acid elongation/desaturation, distribution among complex lipids, and conversion to eicosanoids. Journal of lipid research 1431–40 (1992). 33,
9. Allard, Kurian, Aghdassi, Muggli & Royall. Lipid peroxidation during n−3 fatty acid and vitamin E supplementation in humans. Lipids 535–541 (1997). 32,
10. Arab-Tehrany et al. Beneficial effects and oxidative stability of omega-3 long-chain polyunsaturated fatty acids. Trends in Food Science & Technology (2012). 25,
11. Vessby et al. Substituting dietary saturated for monounsaturated fat impairs insulin sensitivity in healthy men and women: The KANWU study. Diabetologia 312–319 (2001). 44,
12. LKM, S. et al. Substituting dietary saturated fat with polyunsaturated fat changes abdominal fat distribution and improves insulin sensitivity. Diabetologia 369–377 (2002). 45,
13. Rees et al. ‘Mediterranean’ dietary pattern for the primary prevention of cardiovascular disease. The Cochrane Library CD009825 (2013). 8,
14. Esposito et al. Effect of a Mediterranean-Style Diet on Endothelial Dysfunction and Markers of Vascular Inflammation in the Metabolic Syndrome: A Randomized Trial. JAMA 1440–1446 (2004). 292,
15. Burdge & Calder. Intravenous Lipid Emulsions. World review of nutrition and dietetics 1–16 (2014). 112,
16. Andersson, Nälsén, Tengblad & Vessby. Fatty acid composition of skeletal muscle reflects dietary fat composition in humans. The American journal of clinical nutrition 1222–9 (2002). 76,
17. Dangardt et al. High Physiological Omega-3 Fatty Acid Supplementation Affects Muscle Fatty Acid Composition and Glucose and Insulin Homeostasis in Obese Adolescents. Journal of Nutrition and Metabolism 395757 (2012). 2012,

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