Darmgesundheit und verarbeitete Lebensmittel

Auf einen Blick

  • Nahrungsmittel bestehen aus mehr als nur Kohlenhydraten, Fetten und Eiweiß
  • Unser Darm ist erstaunlich adaptiv, wenn es um eine Anpassung an unsere Ernährung geht
  • Binnen kurzer Zeit konnte sich in Studien der Darm an Veränderungen in der Ernährung anpassen und Nährstoffe verwerten
  • Stark verarbeitete Nahrungsmittel sind jedoch oft ohne viele wichtige Mikronährstoffe und stark mit Toxinen jeglicher Art belastet
  • Ein Mangel an Ballaststoffen steht ebenfalls in Verbindung mit einer schlechteren Darmgesundheit
  • Vor allem eine mögliche Dominanz bestimmter Bakteriensorten durch eine Ernährung mit stark verarbeiteten Nahrungsmitteln gilt als Bedenklich. Gelegentlich zu „schummeln“ in der Ernährung ist aber absolut in Ordnung. Genuss und Parties sind mindestens genauso wichtig
  • Ist der Darm gesund, verträgt man auch leichter durchzechte Nächte
Jelly Belly...

Ist der Darm erst ruiniert, reizt er uns ganz ungeniert

Hamburger, Pommes, Currywurst & Co – stark verarbeitete Lebensmittel, die mit ihrer Zutatenliste an spannende Romane heranreichen, sind nicht nur in Supermärkten, sondern inzwischen an jeder Straßenecke und sogar online erhältlich. Für Slow-Food und die Zubereitung frischer Zutaten ist in der heutigen Hektik kaum noch Platz, während wir von einem Termin zum nächsten sprinten. Dass jedoch Nahrungsmittel, die fast nur noch aus Makronährstoffen wie Kohlenhydraten und Fetten bestehen und kaum noch “lebendig“ sind, nicht nur eine hohe Energiedichte besitzen können, sondern uns auch noch auf einer viel tieferen Ebene beeinflussen können, wurde erst seit wenigen Jahren in der Wissenschaft deutlicher bekannt. Seitdem wir unsere Darmbakterien aufmerksamer unter die Lupe nehmen, wurde die Relevanz von Mikronährstoffen, Ballaststoffen und ihre Effekte auf unser Mikrobiom immer deutlicher. Tatsächlich gibt es inzwischen eine starke Studienlage, die den Einfluss unserer Ernährung auf unser Mikrobiom wichtiger darstellt, als beispielsweise unseren BMI [1].

Unser Darm lebt durch uns und wir durch ihn. Viele Nährstoffe bekommen wir nicht nur durch unsere Nahrung selbst, sondern durch die Verwertung in unserem Darm. Abhängig davon was wir essen, können sich die Darmbakterien anpassen und bestimmte Kulturen sind in der Lage, sich besser zu entwickeln. Viel kontroverse Literatur gibt es in diesem Gebiet natürlich auch. Bacteriodetes und Firmicutes sind zwei der bakteriellen Gattungen, die bei Menschen in industrialisierten Städten am stärksten zu finden waren. Während man für eine gewisse Zeit davon überzeugt war, dass ein Übermaß an Firmicutes im Verhältnis zu Bacteriodetes eine Rolle bei Übergewicht und Dysbiosen zu spielen scheint, zeigten andere Studien mittlerweile das Gegenteil [1].

Human studies including overweight and obese participants have shown an association with a decrease in the abundance of Bacteroidetes, an increase in the abundance of Firmicutes, and with an overall decrease in the diversity of the gut microbiota population (Bäckhed et al., 2012; Clarke et al., 2012). Other investigations have provided no proof of these occurrences or have shown conflicting results (Duncan, Sadanand, Davachi, 2012).

Auch wurde deutlich, dass abhängig von bestimmten Darmbakterien, unterschiedliche Nahrungsmittel wie Kohlenhydrate besser von unserem Körper verwertet werden können ohne für Beschwerden zu sorgen [2]. Was aber allen voran mehr und mehr hervorging, war die Gefahr einer bakteriellen Übermacht eines Darmbewohners [3,4]. Während eine hohe Darmdiversität (Vielfalt) noch teils kontrovers diskutiert wird, scheinen Stabilität und Balance für ein gesundes Mikrobiom mehr und mehr in den Vordergrund zu gelangen [5,6]. Einfältige Ernährung ohne nährstoffreichen Mehrwert für unseren Körper macht auch unsere Darmbakterien einfältig. Ganz zu schweigen von möglichen Mangelerscheinungen. Aus einer praktischen Sicht heißt das für uns, dass wir sowohl auf eine artgerechte, aber auch konstante Ernährung achten sollten. Inzwischen wurde beobachtet, dass unser Mikrobiom sich bereits nach 24 Stunden an ein anderes Essverhalten adaptieren kann und sich anpasst – zumindest zu einem gewissen Teil [2,7]. Umso wichtiger ist es daher auch für uns, dass sowohl unsere Darmwand, als auch unser Immunsystem mit spontanen Veränderungen und wechselndem Umfeldern zurechtkommt. Schließlich wollen wir nicht nach jeder Party oder Auslandsreise an Darmkrämpfen, Durchfall und metabolischen Dysfunktionen leiden.

Was unsern Stoffwechsel anbelangt gibt es inzwischen auch einige interessante Arbeiten. So wie es scheint, können unsere intestinalen Mitbewohner einen signifikanten Beitrag zu unserer schlanken Linie beitragen – oder sie zumindest maßgeblich beeinflussen. Leiden wir an chronischen Darmbeschwerden, ob durch mikrobielle Einfalt oder durchlässige Darmwände, können damit verbundene entzündliche Prozesse durch eindringende Bakterien und Toxine aus dem Darm den gesamten Körper befallen und sogar hoch bis zum Gehirn gelangen [8,9]. Tageszeit spielt dabei ebenfalls eine Rolle!

Artgerecht?

Stichwort Toxine: Stark verarbeitete Nahrungsmittel sind oft belastet mit Giftstoffen. Teils durch die starke Verarbeitung natürlicher Nahrungsmittel selbst (Beispiel: Omega-3-Fettsäuren und Oxidation), teils durch die Zufuhr chemischer Mittel, um unter anderem die Haltbarkeit dieser “Nahrungsmittel“ zu verlängern. Dass solche Toxine nicht nur Bakterien schaden können, sondern sogar zum Teil von ihnen zu Ammoniak und Formaldehyd umgewandelt werden können, spricht für sich [10,11].

Understanding that processed foods contain an excess amount of energy and that such foods have the propensity to cause inflammatory responses, the gut microbiota genus and species that were once thought to be ‘healthy’, may in fact be utilizing alternative metabolic pathways and or inducing negative host or gut microbiota inflammatory responses as the host diet evolves from a fresh, whole food diet to a Westernized diet type. [1]

Dysbiosis has also been seen in inflammatory bowel disease (IBD), a group of intestinal disorders that includes ulcerative colitis and Crohn disease. Some microbial strains—notably of the Bacteroides and Clostridia species—can produce enterotoxins or possess protein-degrading properties that enhance mucosal permeability and bacterial uptake. [12]

Zusammenfassung:

Gelegentlich Fastfood und andere Nahrungsmittel zu sich zu nehmen ist kein mikrobielles Todesurteil. Veränderungen in unserem Darm können innerhalb weniger Tage stattfinden und sich an unsere Ernährung und viele weitere Umfeld-Faktoren anpassen im Positiven wie im Negativen. Unser Mikrobiom ist erstaunlich flexibel und ebenso wie unsere Ernährung unsere Darmbakterien beeinflusst, beeinflussen unsere Darmbakterien zu einem gewissen Teil, wie gut wir unsere Nahrung verwerten und vertragen können. Neben der Gefahr, dass stark verarbeitete Lebensmittel zu der Dominanz bestimmter Darmbakterien führen können, sind vor allem viele chemische Stoffe, die inzwischen in vielen Nahrungsmitteln enthalten sind ein möglicher Störfaktor für unsere Gesundheit. Vielfalt in der Ernährung, regionale Ernährung, Ballaststoffe in der Ernährung – all das sind sinnvolle Aktionen, die wir jeden Tag mit Genuss in unseren Speiseplan integrieren können und aus denen wir eine Routine machen sollten. Ob präventiv oder betreut von Experten bei Erkrankungen. Niemals sollte man beim Darm seine Darmwand und das Immunsystem vergessen. Beides sind Grundpfeiler für eine gute Verdauung. Vorsorgend zu denken und dem Darm zu helfen ist wichtig. Denn ist der Darm erst ruiniert, reizt er uns ganz ungeniert.

Quellenangabe:

  1. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5552927/
  2. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27383980
  3. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4056765/
  4. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3615657/
  5. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5103657/
  6. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4848870/
  7. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21885731
  8. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5445611/
  9. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4367209/
  10. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4036413/
  11. http://yourfunctionalmedicine.com/glyphosat-massenpflanzenhaltung-teil-1/
  12. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2685866/