Vitamin D: Lieber Bolzplatz statt Turnhalle?

Auf einen Blick

  • Vitamin D hat bei unserer Muskulatur unter anderem Effekte auf Protein-Synthese, Muskelkraft, Muskelumfang, Reaktionszeit, Balance, Koordination und Ausdauerleistung
  • So gut wie kaum ein Spitzensportler erfüllt die optimalen Richtlinien einer Vitamin D Sättigung
  • Der optimale Bereich für Sportler wurde in diesem Review auf 50 ng/mL gesetzt
  • Ab diesem Wert sind signifikante Besserung in den oben genannten Bereichen zu erkennen
  • Frühere Experimente mit künstlichem UV-Licht waren vielversprechend, doch wurden abgebrochen (aufgrund der wachsenden Besorgnis, dass die Sonne schädlich sei)
  • Um einen solchen Wert zu erreichen müsste man den gesamten Sommer über den Körper der Sonne exponieren
  • Hochwertige Solarien und Vitamin D in der Kapsel, auch wenn nicht vergleichbar mit der Sonne, können unterstützend eingesetzt und sollten individuell angepasst werden
Vitamin D und Sport

Ein Review über Vitamin D und Muskulatur

[Franklin D. Shuler et al. 2012]

Sich draußen zu bewegen ist gesund. Für solch eine Aussage benötigt man vermutlich keine Studien als Nachweis. Sport im Freien, mit Rückenwind und der Sonne im Gesicht sorgt nicht nur für ein helles Gemüt. Vitamin D, in der heutigen Zeit eher als ein Hormon bezeichnet, ist einer der Gründe, den Fußball auf den Bolzplatz, statt in die Turnhalle zu befördern. Vor allem für Leistungs- und Profisportler ist das wichtiger, als man sich vorstellen mag. Mit 77% der generellen Bevölkerung unter chronischem Sonnenhormon-Mangel, sind viele Athleten unter ihnen davon betroffen [1]. Verständlich. Gezielte Übungen, Optimierung von Bewegungen und professionelles Krafttraining werden zum Großteil in Hallen durchgeführt. Dabei wird in der Wissenschaft mehr und mehr deutlich, wie sehr Vitamin D nicht nur für die generelle Bevölkerung wichtig ist, sondern vor allem Sportlern hilft, die konstant ihren Körper auf die Probe stellen und auf einer zerbrechlichen Welle zwischen höchster Leistung und Überlastung reiten.

In einem Review von 2012 wurden die Funktionen von Vitamin D im Muskel zusammengestellt und in Bezug zu Athleten gesetzt. Alleine für die Funktion unserer Muskeln – ganz losgelöst von der Wichtigkeit gesunder und starker Knochen – spielt Vitamin D eine Rolle bei der Protein-Synthese, Muskelkraft, Muskelumfang, Reaktionszeit, Balance, Koordination, Ausdauer, kontrolliert entzündliche Prozesse und Immunität [2]. Das ist eine lange Liste mit wichtigen Eigenschaften – das meiste davon reguliert über Genexpression. Immer natürlich unter der Voraussetzung, dass der Körper nahezu den Speicher besitzt, den man bei einer sommerlangen und kompletten Körperexposition erhalten würde. Ein solcher Wert läge bei Vitamin D bei etwa 50 ng/mL – und damit höher als die konventionellen Empfehlungen (30 ng/mL). Braungebrannt sind die meisten Leistungssportler heutzutage jedoch nicht gerade. Möglicherweise mag das neben Luftverschmutzung und Sonnencreme auch an einer generell existierenden Vermeidung der Sonne liegen. Demographisch waren Rettungsschwimmer die einzigen Athleten, die einen solchen Wert erreicht hatten. Ganz im Gegensatz zu Hochleistungs-Basketballspielern und Gymnasten von denen 83-94% (!!!) der Spitzensportler an einem Vitamin D Defizit litten [3,4]. Dabei sind vor allem Menschen mit einer dunkleren Hautfarbe noch stärker betroffen. Das Melanin der Haut ist in manchen Fällen in der Lage, nahezu 99% der einfallenden UVB-Strahlung zu blockieren.

Frühere Versuche aus Russland und Deutschland mit ultravioletter Bestrahlung wurden eingestellt, da vor Jahren Befürchtungen kursierten, man könne laut damaliger Meinung den Sportlern dadurch schaden. Diese Meinung ganz vom Tisch zu werfen wäre wohl falsch (starke Sonneneinstrahlung kann ab einer gewissen Dauer und Intensität durchaus zu Schäden führen), doch waren schon damals deutliche Verbesserungen in der Leistung festzustellen [5].

Was für geschärfte Sinnesorgane sorgt, schützt aber auch vor Verletzung und hilft bei der optimaleren Regeneration. In extremen Fällen wie dem Spitzensport, macht es manchmal Sinn, sich das genaue Gegenteil anzusehen. Schließlich zählt hier jedes kleinste Prozent an extra Leistung. Rachitis, eine extreme Form des Vitamin D Mangels, sorgte bei Patienten unter anderem für Muskelatrophie, Schwäche, Gangschwierigkeiten, deutlich verschlechterter Regeneration und einer Häufung von Brüchen – mitunter Ermüdungsbrüchen [6]. Vor allem Typ-II-Muskelfasern, also die Muskeln für kurze starke und schnelle Belastungen, schienen dabei besonders sensibel für den körpereigenen Vitamin D Status zu sein [7]. War in Muskeln Vitamin D Mangelware, wurden sowohl vermehrt fibrotische Erscheinungen, als auch Fetteinlagerungen in der Muskulatur beobachtet. Ebenso wurden in MRT-Bildern einer Studie eine beschleunigte Degeneration der Rotatorenmanschetten festgestellt [8]. Wer aber besitzt heute schon Schulterprobleme?

Die Liste ist lang und geht weit über gesunde Knochen hinaus. Ein gebrochenes Bein, verletzte Bänder und Risse in der Muskulatur sind für viele Athleten ein schwerer Schlag. Umso mehr sollten vor allem Sportler mit ehrgeizigen Zielen soweit wie möglich ihre Aktivitäten zumindest im Sommer nach draußen bewegen. Alle Verletzungen dieser Art und die Anfälligkeit für Krankheiten sind nicht zuletzt aufgrund ungenügender Vitamin D Speicher möglich.

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Es ist immer eine Frage des Möglichen. Wie man sich auch drehen und wenden mag – Vitamin D aus der Pille und Solarien kommen bis heute nicht an die Effekte der Sonne und ihr spezielles Vitamin D heran. Dennoch ist eine kluge und angepasste Supplementierung nicht nur für Leistungssportler ein smarter Schachzug. Vernachlässigen sollte man es nach all diesen Daten auf keinen Fall. Das gilt nicht nur für Spitzensportler, sondern auch für die Weltmeister im Büro.

Quellenangabe:

  1. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3725481/
  2. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3497950/
  3. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18458363/
  4. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18332692/
  5. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/13409205/
  6. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18727936/
  7. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11991436/
  8. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19949122/