Histidin: Verbindung zu Histamin und Wirkung
Auf einen Blick
- Histamin wird aus der essentiellen Aminosäure Histidin hergestellt
- Unter anderem ist Histamin wichtig für ein gute funktionierendes Immunsystem
- Histinreiche Nahrungsmittel können dabei zu Problemen führen
- Neben Histamin, wird aus Histidin ebenfalls der stimulierende Neurotransmitter Glutamat bzw. Glutaminsäure hergestellt
- Daher kann die Zufuhr von Histidin im Körper eine Stressreaktion auslösen
- Der tägliche Bedarf an Histidin wird in der Regel leicht gedeckt. Eine Supplementierung mit Histidin ist aus diesem Grund eher fraglich.
Entnommen aus:
Histidine metabolism. Fred B. Stifel, Robert H. Herman, The American Journal of Clinical Nutrition, Volume 24, Issue 2, 1 February 1971, Pages 207–217, https://doi.org/10.1093/ajcn/24.2.207 Published: 01 February 1971
Histidin: Essentielles Histamin und Intoleranzen
Histidin klingt stark nach einer Substanz, die viel mit fermentierten Nahrungsmitteln, Weinen und anderen Produkten in Verbindung bringen: Histamin. Eine solche Verbindung zu ziehen ist auch richtig, denn Histidin wird unter anderem durch Bakterien, oder im Körper selbst in Histamin umgewandelt. Doch ist Histidin deswegen schlecht? Wie so oft gibt es eine Balance, aber auch den Faktor Mensch, der bei jedem individuell ist. Verbindet man aber einige Studien zu einem roten Faden, lässt sich einiges über diese “essentielle“ Aminosäuren sagen, als auch zur Histamin-Intoleranz.
Histidin: Histamin, Glutaminsäure und andere Funktionen
Histidin ist in vielen Abläufen unseres Körpers von Relevanz. Das erkennt man alleine an den ganzen Studien, die bereits an Tieren zeigen konnten, dass ein signifikanter Mangel an Histidin neben einer Anämie (Histidin ist wichtig für die Produktion von Hämoglobin) und der unfertigen Isolierung von Nervenzellen, auch zu Verhaltensstörungen bei Mensch und Maus führen konnte [1,2]. Da sie zusätzlich nicht von uns selbst synthetisiert werden kann, gilt sie generell als essentiell. Vor allem die Nebennieren scheinen viel mit Histidin zu tun zu haben und folgende Entdeckungen können auch – neben einer möglichen renalen Anämie – besser erklären, warum Histidin sowohl wichtig für uns ist, aber uns auch durchaus schaden kann.
5 verschiedene mögliche Verstoffwechselungen von Histidin im Körper sind bekannt (siehe Abbildung). Doch machen wir uns nichts vor. Solche biochemischen Bilder sind stets verwirrend für das Auge. Vor allem zeigen sie aber deutlich, wie sehr sich von Mensch zu Mensch eine Verwertung bzw. Umwandlung von Histidin in seine weiteren Stoffe unterscheiden kann, je nach individuellem Bedarf und Zustand. Neben der Produktion von Histamin, wird Histidin im Körper vor allem in Glutaminsäure umgewandelt [3]. Glutaminsäure ist ein Neurotransmitter, der grundsätzlich anregend bzw. stimulierend wirkt (siehe Artikel zu Glutamin). Schlecht mag das nicht unbedingt sein, außer man steht bereits unter Belastung.
The effects of several neurotransmitter amino acids on pituitary hormone secretion were examined in normal humans. Oral administration of 10 g of glutamic acid stimulated the secretion of prolactin (PRL) and cortisol to approximately twice baseline values, with no effect on GH, TSH or LH. [Studie]
Die meisten Menschen in der heutigen Zeit können gerne mal auf erhöhte Stress-Hormone verzichten. Neben Magnesium und Glycin sind auch B-Vitamine dazu in der Lage, einen Glutamat-induzierten Stress zu regulieren [4]. Auch wenn Histidin vom Körper noch anders verwendet werden kann, ist die Umwandlung in Glutaminsäure eine der prädominantesten Abläufe in unserem Körper.
Kommen wir aber zu Histamin, denn vor allem hier sind noch viele weitere Informationen zu finden. Generell ist Histamin für uns ein wichtiger Bestandteil von Immunantworten, aber auch für den reibungslosen Ablauf bei einer potentiellen Stressreaktion spielt Histamin eine Rolle. Stehen wir unter Belastung – ob durch Sport, Darm-Dysbiosen, Vergiftungen oder psychischen Stress – ist Histamin einer der Stoffe, die an vorderster Front stehen. Produziert wird Histamin aus Histidin, indem eine Carboxyl-Gruppe (COOH) durch ein Enzym namens Histidin Decarboxylase abgespalten wird [5]. Einfach vorgestellt setzt also ein Enzym an einer bestimmten Stelle der Aminosäure an und “schneidet eine Verbindung entzwei“, wodurch Histamin entsteht.
Somit lässt sich gut eine Verbindung von Histidin zu Histamin und damit zu entzündlichen Stress-Reaktionen des Körpers ziehen. Auf der einen Seite benötigen wir Histidin und Histamin, um eine angepasste immunologische Reaktion und Mobilisation von aktivierenden und zum Teil entzündlichen und oxidativen Signalen aussenden zu können, auf der anderen Seite verstärkt ein Überschuss an Histamin Stress im Körper – oder aber stimuliert alleine durch die Spaltung von Histidin durch Bakterien in unserem Darm eine entsprechenden Reaktion, auch wenn wir eigentlich nicht unter Stress stehen. Denn Darmbakterien sind wahre Meister darin, Histidin in Histamin umzuwandeln und bei einem löchrigen Darm und unausgeglichenen Immunsystem sind so leicht entsprechende Folgereaktionen möglich – darunter natürlich auch etwas, was als Histamin-Intoleranz beschrieben wird [8,9].
The following conclusions are supported by the evidence presented: (a) in stressed mice, those tissues which show activation of histidine decarboxylase also show increased ability to form histamine in vivo; (b) tissue histamine is largely formed locally; (c) histidine decarboxylase inhibitors are highly effective in blocking histamine formation in mast cells and in stomach, but do not normally reach the locus of an inducible form of histidine decarboxylase […] (f) blood histamine concentrations do not accurately reflect changes in tissue histamine formation. [Studie]
Histaminintoleranz: Ein weiterer Aspekt von Stress?
Die Daten bis hierher sagen einiges zu Histidin und Histamin aus. Zum einen ist Histamin ein wichtiger Faktor, um angemessene Reaktionen im Körper bei Belastung zu signalisieren. Auf der anderen Seite scheint jedoch Histamin selbst eine Stressreaktion im Körper nicht nur zu fördern, sondern potentiell selbst zu stimulieren. Wie würde wohl also ein belasteter Mensch unter der Zugabe von höheren Dosen an Histidin oder Histamin reagieren? Vor allem, wenn der Darm gereizt und das Immunsystem bereits belastet durch Bakterien, Schwermetalle und andere Stoffe ist? Fraglich wäre auch, ob eine endgültige Lösung darin bestehen würde, solchen Menschen einfach Enzyme zu geben, die in der Lage sind, Histamin abzubauen, oder sich eher – wenn möglich – ursächlich mit dem Problem zu beschäftigen. Vor allem aber sollte man wohl Nahrungsmittel und Nahrungsergänzungsmittel mit großen Mengen an Histidin vermeiden, sollte man mit Histamin Schwierigkeiten haben. Das gilt natürlich auch für andere – zum Teil „essentielle“ – Aminosäuren. Denn auch wenn Histidin als essentiell gelten mag, ist es dennoch in so ziemlich allen eiweißhaltigen Nahrungsmitteln in unterschiedlichen Mengen zu finden [10]. Insbesondere Hühner- und Rindfleisch und andere tierische Eiweißquellen, aber vor allem auch Sojabohnen (1 Gramm pro 100 Gramm getrocknete Sojabohnen) kommen auf etwa 0,7 Gramm pro 100 Gramm Nahrungsmittel und können so mit Leichtigkeit einen Bedarf an Histidin decken. Damit ist die Gefahr einer Unterversorgung an Histidin nur sehr schwer zu erreichen – eher eine Überversorgung und die sollte man tendenziell wohl eher vermeiden wollen. Einige hilfreiche Aminosäuren bei bakteriellen Belastungen im Darm wären unter anderem Valin, Glycin, Isoleucin und unter Umständen auch Glutamin.
Quellenangabe:
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4589044/
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/2905759
- https://academic.oup.com/ajcn/article-abstract/24/2/207/4733148?redirectedFrom=fulltext
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/8645981
- https://de.wikipedia.org/wiki/Histidindecarboxylase
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15666839
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1509483/pdf/bripharmchem00133-0057.pdf
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1703485/
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17490952
- https://de.wikipedia.org/wiki/Histidin