Tyrosin: Wirkung auf Dopamin, BCAAs und warum Sonne wichtig ist

Auf einen Blick

  • Tyrosin kann im Körper aus der Aminosäure Phenylalanin gebildet werden und gilt daher als nicht-essentiell
  • Beide Aminosäuren werden dabei vom Körper unter anderem benötigt, um Dopamin, oder aber Noradrenalin oder Adrenalin zu produzieren
  • Oft entscheidet dabei die individuelle Situation, was genau produziert wird
  • Sonne und Stress sind dabei zwei wichtige Faktoren, die den Dopamin-Stoffwechsel beeinflussen können
  • Vor allem unter Belastung ist eine ausreichende Versorgung des Körpers mit Dopamin und (Nor-)Adrenalin wichtig. Studien weisen ebenfalls auf einen unterstützenden Effekt von Tyrosin bei erhöhter Stressbelastung hin
  • Da aromatische Aminosäuren wie Tyrosin mit der Aufnahme von BCAAs konkurrieren können, sollte man trotz kaum vorhandener Toxizität Tyrosin in adäquaten Dosierungen zu sich nehmen – in Abhängigkeit von Geschlecht, Alter, Belastung und weiteren Faktoren
Sonnenlicht spielt bei Tyrosin eine wichtige Rolle!

 Tyrosin: Kognition, Stress, Dopamin und Sonnenlicht

Was wäre das Leben ohne seine Neurotransmitter? Dopamin, Serotonin, Adrenalin und so weiter geben uns jeden Tag erfreuliche Erregung, ängstliche Überraschungen und angestrengte Aufmerksamkeit, während sie uns dabei helfen, angemessen auf unser Umfeld zu reagieren und mit ihm zu interagieren. Damit wir davon aber genug haben, brauchen wir Baustoffe. Dazu zählt neben Phenylalanin auch Tyrosin und – wie wir gleich lesen werden – Sonnenlicht. Denn alle sogenannten aromatischen Aminosäuren interagieren mit unserem heißgeliebten Hitzeballen am Himmel und dieses Wechselspiel entscheidet manchmal zwischen angestrengter Anspannung oder lebendiger Leistungsbereitschaft.

Tyrosin: Wirkung unter Stress

Tyrosin gilt als nicht-essentiell, da sie nicht nur so gut wie in allen Nahrungsmitteln in unterschiedlichen Mengen zu finden ist, sondern auch bei Bedarf aus Phenylalanin selbst hergestellt werden kann. So wie Phenylalanin, hat Tyrosin viel mit Neurotransmittern und vor allem mit Katecholaminen wie Noradrenalin, Adrenalin und Dopamin zu tun. Damit bekommt diese Aminosäure natürlich einiges an Aufmerksamkeit, wenn es um Krankheiten wie Parkinson, aber auch Stress geht. Schließlich haben Parkinson und Stress jeweils viel mit entweder Neurotransmittern wie Dopamin bzw. einem Mangel davon, oder einer angemessenen Reaktion auf einen Stimulus zu tun. Bekannt ist auch, dass Neurotransmitter einen großen Einfluss auf Reaktionen, Aufmerksamkeit, Emotionen, Gedächtnisbildung, Erinnerung, aber auch generell auf Motivation und Aktion haben [1,2]. Alleine, wenn wir etwas suchen – zum Beispiel unseren Schlüsselbund – beginnen Unmengen dieser kleinen Signalbojen durch unseren Körper zu flitzen. Vor allem, wenn wir das entdecken, was wir suchen. “Ah, da sind sie!“ ist fast schon ein Synonym für das körpereigene Gemisch aus diesen kleinen signalfreudigen Molekülen.

Genauso ist es auch mit stimulierenden oder stressreichen Situationen. Müssen wir vor Menschen eine Rede halten, Kopfrechnen, oder eine Prüfung bestehen, sind wir auf eine angemessene Ausschüttung von Neurotransmittern angewiesen [3]. Studien gibt es “en masse“, bei denen gezeigt wurde, wie sowohl ein Überschuss, aber vor allem auch ein Mangel an diesen Signalmolekülen in vielen Situationen der Grund dafür zu sein scheint, dass wir nicht Herr oder Frau der Lage werden. Bei Parkinson selbst wird als Therapie L-DOPA – eine Vorstufe von Dopamin – verabreicht und der Mangel an Eigenproduktion in der Substantia Nigra des Gehirns wird mit dieser Krankheit in Verbindung gebracht [4]. Wie wirkt also eine Aminosäure wie Tyrosin, wenn wir unter Stress stehen und kann sie dabei helfen?

In einer 2015 veröffentlichten Meta-Analyse wurden die Ergebnisse vieler Studien zusammengestellt und zusammenfassend einen Konsensus gezogen: Tyrosin hilft der kognitiven Leistungsfähigkeit und scheint durchaus bestimmte Neurotransmitter und deren Pegel in unserem Körper auf Trab halten zu können. Doch nicht immer waren solche Ergebnisse eindeutig. Damit das alles reibungslos abläuft, müssen wir nicht nur Aminosäuren schlucken, sondern auch die Maschinerie im Körper besitzen, die diese Substanz umwandeln und im Körper einsetzen kann. Eine Dampflok mit viel Kohle kommt keinen Schritt vorwärts, wenn Hochofen und Arbeiter fehlen.

Consuming the amino-acid tyrosine (TYR), the precursor of dopamine (DA) and norepinephrine (NE), may counteract decrements in neurotransmitter function and cognitive performance. However, reports on the effectiveness of TYR supplementation vary considerably, with some studies finding beneficial effects, whereas others do not. Here we review the available cognitive/behavioral studies on TYR, to elucidate whether and when TYR supplementation can be beneficial for performance. The potential of using TYR supplementation to treat clinical disorders seems limited and its benefits are likely determined by the presence and extent of impaired neurotransmitter function and synthesis. Likewise, the potential of TYR supplementation for enhancing physical exercise seems minimal as well, perhaps because the link between physical exercise and catecholamine function is mediated by many other factors. In contrast, TYR does seem to effectively enhance cognitive performance, particularly in shortterm stressful and/or cognitively demanding situations. We conclude that TYR is an effective enhancer of cognition, but only when neurotransmitter function is intact and DA and/or NE is temporarily depleted. [Studie]

Aber nicht nur das. Wenn wir etwas zu uns nehmen, was sowohl in Dopamin, aber auch in Adrenalin und Noradrenalin umgewandelt werden kann – wie können wir dann verhindern, dass wir statt mit Dopamin und Pepp, eher unter Adrenalin und mit zittrigen Händen in den Tag starten? Noradrenalin und Adrenalin werden aus Dopamin gebildet. Können wir beeinflussen, dass Dopamin nicht zu Adrenalin wird?

Tyrosin: Sonnenlicht und ein guter Start in den Tag

Generell ist Adrenalin nichts Schlechtes und notwendig. Doch zu viel davon ist wie bei vielen anderen Stoffen nicht immer eine gesunde Sache. Bekannt ist, dass aromatische Aminosäuren durch ihre Form viel mit Photonen bzw. Licht zu tun haben [5]. Die Energie von Photonen reagiert mit Elektronen in der Struktur der Eiweißbauteile, regt diese an und sorgt damit für biochemische Reaktionen. OH-Gruppen werden angedockt und verändern damit die Eigenschaften von Aminosäuren. So in etwa wird aus Tyrosin L-Dopa und im Anschluss durch weitere Prozesse Dopamin hergestellt. Wir brauchen also Sonnenlicht, um überhaupt Dopamin in ausreichenden Mengen zu produzieren. Ab hier wird es dann jedoch etwas schwierig in der Wissenschaft [6].

Vermutlich kann man im Allgemeinen sagen, dass unser Körper selbst in der Lage ist, abhängig von seiner Situation entsprechende Moleküle aufzubauen. Benötigen wir mehr Adrenalin für Aufmerksamkeit? Wie muss oder kann Dopamin weiter verstoffwechselt werden? Dopamin hat neben seiner Verarbeitung zu Noradrenalin noch viele weitere Möglichkeiten, umgewandelt zu werden. Das Abspalten eines einzelnen Wasserstoff-Atoms entscheidet dabei bereits über die weitere Zukunft unseres Neurotransmitters. Dass solche Abläufe einzelner Atome für die Wissenschaft schwer zu greifen sind, sollte nachvollziehbar sein. Was kann man aber für sich selbst aus der ganzen Sonnen- und Stress-Geschichte mitnehmen?

Zum einen weiß man, dass sowohl Phenylalanin, als auch Tyrosin Sonnenlicht oder andere Quellen von UV-Strahlung (am besten in infrarotem Licht gebündelt) benötigen, um ihre Arbeit zu tun. Damit sollten Tyrosin- oder Phenylalanin-reiche Quellen am besten zum Frühstück oder generell am Tag und sogar am besten draußen unter der Sonne konsumiert werden. Dasselbe gilt natürlich auch für Nahrungsergänzungsmittel. Idealerweise verbindet man das mit einem entspannten Frühstück auf dem Balkon, am Fenster oder im Garten. Eine weitere Idee wäre die Kombination mit entspannenden Mitteln (Beispiel: Adaptogene) . Damit gibt man dem Körper keinen Grund, sich mit Katecholaminen zu stressen und man kann den Tag viel leichter mit einem dopaminergen Lächeln im Gesicht starten.

Entnommen aus:

Tyrosine hydroxylase and regulation of dopamine synthesis.  Archives of Biochemistry and Biophysics. Volume 508, Issue 1, 1 April 2011, Pages 1-12

Tyrosin und Dosierung: Kann Tyrosin gefährlich sein? Gibt es Nebenwirkungen?

Zuletzt muss natürlich noch die Frage gestellt werden, ob Tyrosin eigentlich toxisch bzw. gefährlich sein kann. Eine klare Antwort darauf ist erstaunlich schwer. Untersuchungen bei älteren Menschen zeigten, dass 100-200 mg/kg Körpergewicht bei höherer direkter Dosierung eher negative Effekte auf die Kognition haben konnten [7]. Umgerechnet auf eine 70 Kilo schwere Person wären das also einmalige akute Dosierungen von etwa 7-14 Gramm. Das ist natürlich eine Menge! Eine weitere Studie wies ebenso darauf hin, dass Neurotransmitter und die Fähigkeit des Körpers, diese Neurotransmitter passend zu verwenden – und natürlich das Umfeld von Personen selbst einen Effekt auf das generelle Wohlbefinden haben können [8]. Andere Untersuchungen zeigten, dass man mit einer ergänzenden Zufuhr von 2-3 Gramm täglich gute Ergebnisse erzielen konnte [9].

The main effects of L-tyrosine that have been reported are acute effects in preventing a decline in cognitive function in response to physical stress. The physical stressors include those of interest to the military, such as cold stress, the combination of cold stress and high-altitude stress (i.e., mild hypoxia), extended wakefulness and lower body negative pressure stress (designed to simulate some of the effects of space flight). Doses of L-tyrosine in these studies ranged up to 20 g, many times the normal daily dietary intake. In one study, L-tyrosine was given at a dosage of 2 g per day for 5 days during a demanding military combat training course; it improved various aspects of cognitive function relative to placebo.

Vergessen sollte man dabei nicht, dass aromatische Aminosäuren wie Tyrosin im Körper mit der Aufnahme von BCAAs (Leucin, Isoleucin, Valin, Lysin) konkurrieren können. Übertreiben sollte man es wohl daher nicht. Wenn man sich also gerade nicht im Weltraum befindet, oder in kalten Gewässern für das Militär Einsätze durchführt, reichen wahrscheinlich einige wenige gut gezielte Gramm am Morgen aus, um die persönliche Balance mehr in Richtung positive Stimmung zu schubsen.

Übrigens: Hier ist eine Übersicht über freie Aminosäuren und ihre Relevanz für unsere Gesundheit zu finden, sollte man sich denn weiter mit diesen Kleinst-Bausteinen unseres Körpers beschäftigen wollen.

Quellenangabe:

  1. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3860557/
  2. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK20199/
  3. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22285436
  4. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28758318
  5. http://cdn.intechopen.com/pdfs/34624/InTech-Uv_light_effects_on_proteins_from_photochemistry_to_nanomedicine.pdf
  6. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3693914/
  7. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5748730/
  8. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4186281/
  9. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1863555/