Fette Formel eins: Unterschiedliche Omega-3-Formen und ihre Bioverfügbarkeit

Auf einen Blick

  •  Der Bedarf von Menschen an Omega-3 ist unterschiedlich. Nicht nur während einer Schwangerschaft oder intensivem Sport.
  • Das Verdauungssystem muss funktionieren, damit Omega-3-Fettsäuren vom Verdauungssystem in den Organismus aufgenommen werden können.
  • Ethyl-Ester sind eine weit verbreitete und günstige Verbindung für Omega-3-Produkte.
  • Ethyl-Ester-Fettsäureverbindungen sind jedoch schwer vom Körper aufzunehmen.
  • Omega-3-Fette als freie Fettsäuren sind leichter vom Körper resorbierbar, aber deutlich anfälliger für Oxidation (instabil).
  • Wiederveresterte Triglyzeride (rTG) werden aus Ethyl-Estern weiterverarbeitet
  • Wiederveresterte Omega-3-Triglyzeride (rTG) sind deutlich kostenaufwändiger, aber schlagen ihre “Konkurrenten“ in so ziemlich allen Disziplinen der Wirkung und Bioverfügbarkeit.
rTG Omega 3 Bioverfügbarkeit

Fette Formel eins: Unterschiedliche Omega-3-Formen und ihre Bioverfügbarkeit

[Michael H. Davidson et al. 2013]

Vom Eintritt in unseren Mund bis hin zur Zellmembran haben Fette einen weiten Weg vor sich. Mechanisch zermalmt, im Säurebecken zersetzt (Magen), geknetet und Stück für Stück durch Enzyme in Einzelteile zerlegt (Darm) kann man selten mit Sicherheit sagen, was am Ende dabei herauskommt. Seit den 1970iger Jahren wurde durch Forscher wie Bang und Dyerberg bekannt, dass Fische und ihre Fette für uns eine gesunde Rolle spielen[1]. In unserer Neuzeit gibt es jedoch häufig eher Flaschen statt Flossen. Dabei fragt man sich zu Recht, welche Nahrungsergänzungsmittel dem guten alten Fisch das Wasser reichen können.

2013 führten Michael H. Davidson et al. eine Studie zur Aufnahmefähigkeit des Körpers von unterschiedlichen Formen an Omgea-3-Fettsäuren durch. Dabei wurde in der Studie anschaulich erklärt, dass nicht nur die eigentliche Einnahme durch Nahrungsmittel eine Rolle spielt. Abhängig vom Menschen und seinen genetischen Variationen (SNPs oder Single Nucleotide Polymorphismus) besitzen wir eine natürlich vermehrte Herstellung von Omega-6-Fettsäuren und/oder eine schlechtere Fähigkeit, langkettige mehrfach ungesättigte Fettsäuren zu integrieren. Was also für den einen reicht, ist für den anderen einfach nicht genug. Natürlich gibt es noch mehr Gründe: Damit Fettsäuren aufgenommen werden können, müssen sie zuerst im Darm “mundgerecht“ zerkleinert werden, um in den Blutkreislauf und damit in unseren Körper zu gelangen. Daran beteiligt sind Speichel, Magensäure, Enzyme und unterschiedliche pH-Werte, die entlang des gesamten Verdauungstraktes Schnitt für Schritt die Fette verarbeiten. In Anbetracht der Tatsache, dass viele Menschen überall auf der Welt heutzutage meist “optimale“ Verdauung besitzen, wäre eine “leicht verdauliche“ Kost durchaus praktisch. Welche Form verträgt sich aber nun mit der Verdauung?

Genau hier wurde bei der Studie angesetzt. Infrage kamen dabei zwei verschiedene Versionen: Ethyl-Ester und Omega-3 als freie Fettsäuren. Während Ethyl-Ester günstig zu produzieren ist, stellt es doch für unseren Darm einen zähen Brocken dar. Verglichen mit den freien Fettsäuren kam weitaus weniger im Körper an. Grund dafür schien die Struktur von Ethyl-Estern zu sein, die einen starken enzymatischen Aufwand benötigte. Dazu im Vergleich schnitten freie Fettsäuren deutlich besser ab. Sie zeigten eine ca. 5-fach bessere Aufnahme durch den Darm. Des Rätsels Lösung also?

Kritische Betrachtung:

Vielversprechend mag es durchaus klingen, doch wurde in der Studie eine Sache vermutlich versehentlich vernachlässigt. Freie Fettsäuren – vor allem wenn es sich um mehrfach ungesättigte Fettsäuren handelt – sind sehr instabil und leicht ein Opfer von Oxidation [1,2]. Oxidiert sind Omega-3-Fettsäuren unbrauchbar und sogar gefährlich. Gut daher, dass man sich an die Natur selbst anlehnen kann.

Triglyzeride sind die natürlichste Form von Fettsäuren aus unserer Nahrung. Während Ethyl-Ester einzelne Omega-3-Fettsäuren sind, die an einen Alkohol gebunden werden, sind Triglyzeride eine natürlich Verbindung von drei Fettsäuren, die man an ein Glyzerin bindet. Unter normalen Umständen wären es jedoch nicht alles Omega-3-Fettsäuren, sondern eine Mischung unterschiedlicher Fette. Man hätte also kein reines Omega-3-Produkt.

Hier enden aber nicht die menschlichen Möglichkeiten. Wenn man Ethyl-Ester-Verbindungen verwendet, die man in einem weiteren (aufwändigerem) Schritt zu Triglyzeriden (mit drei Omega-3-Fettsäuren) umwandelt entstehen sogenannte wiederveresterte Triglyzeride. Reines Omega-3 also. In diesem Fall wäre nicht nur die Stabilität besser als bei freien Fettsäuren und Ethyl-Estern – auch die Aufnahme wäre im Vergleich zu den beiden Konkurrenten deutlich besser [3,4]. Da dieser Schritt jedoch gerne mal die Kosten der Kapseln in die Höhe treibt, wird darauf gerne verzichtet, um die Nahrungsergänzungsmittel vom Preis her appetitlicher zu gestalten. Vor allem jedoch bei wertvollen und zerbrechlichen Supplementen wie Omega-3-Fettsäuren, sollte man weniger auf den Preis und mehr auf die Qualität achten.

Abschließend dazu ein (auf Deutsch übersetzter) Abschnitt aus einer Studie von einem der Forscher, der 1970 schon verwundert über die Eskimos und ihr gesundes Herz staunte (J. Dyerberg):

Bioverfügbarkeit von EPA+DHA von wiederveresterten Triglyzeriden war dem im Verglech verwendeten natürlichen Fischöl überlegen (124%), während die Bioverfügbarkeit von Ethyl-Estern schlechter war (73%). Die Bioverfügbarkeit von freien Fettsäuren unterschied sich nicht signifikant von natürlichen Triglyzeriden.