Arginin: Wirkung auf Gesundheit und Stoffwechsel
Auf einen Blick
- Arginin findet sich in Supplementen wie NO-Boostern, aber auch beispielsweise in Viagra
- Während das Stickstoffoxid (NO) in Arginin durchaus Blutgefäße weit stellen kann, kann es dabei doch zu durchaus negativen Nebenwirkungen kommen
- Durch das enthaltene NO kann Arginin als Supplement den Stoffwechsel drosseln und damit langfristig für Probleme sorgen
- Dadurch kann es zu einer geringeren Sauerstoffversorgung von Zellen kommen und damit zu Stress und damit verbundenen Risiken – insbesondere unter chronischen Zuständen
- Bedenkt man unsere heutige tendenziell über-stimulierte Lebensweise, ist damit Arginin als Supplement nicht zu empfehlen
Arginin: Vom NO-Booster zu reduziertem Stoffwechsel und Stress
Die Aminosäure Arginin ist ein beliebtes Supplement in der Fitness-Industrie (sog. NO-Booster) als Pre-Workout-Supplement und auch in der Pharmaindustrie wird diese Aminosäure gerne angepriesen für ihre gefäßerweiternden Effekte. Was auf der einen Seite die Adern aus Muskelbergen hervortreten ließ, sorgte schließlich in Studien auch bei Patienten mit kardiovaskulären Problemen zu einer Reduktion des Blutdrucks. Verantwortlich dafür wird vor allem die Eigenschaft von Arginin gemacht, im Körper die Produktion von Stickstoffoxid zu stimulieren über Enzyme (NOS oder Nitric Oxide Synthase). Dass es sich hier jedoch um ein etwas komplexeres Thema handeln könnte, ist wenigen bekannt. Dafür muss man aber zuerst wissen, wofür Stickstoffoxid (NO) im Körper verwendet wird und was eigentlich die Wirkung von Stickstoffoxid und Arginin-Supplementierung für Leistungsfähigkeit, Muskelaufbau und Gesundheit bedeuten könnte.
Arginin: Stickstoffoxid, Gefäßerweiterung, Stress und Leistung
Ein verringerter Blutdruck, ein besserer Blutfluss durch eine Erweiterung der Gefäße, eine erhöhte Aktivität von Insulin, eine Kräftigung des Immunsystems und die Stimulierung von Proliferation und Wachstumshormonen. So in etwa wird die Wirkung von Arginin beschrieben und an sich trifft das auch absolut zu. Viele Studien beschreiben Arginin exakt auf diese Weise, während sie auf die starke Verbindung zwischen NO und Arginin hinweisen:
There has been substantial examination of the effect of infusion and ingestion of L-arginine at rest. It has been clearly demonstrated that L-arginine administration improves endothelial function in various disease states. In addition, L-arginine infusion at rest increases plasma insulin, growth hormone, glucagon, catecholamines and prolactin. Such hormonal changes affect metabolism. There has, however, been very little examination of the effect of increases in L-arginine availability during exercise. This is important to study as there is preliminary evidence that L-arginine infusion, probably via increases in nitric oxide (NO), alters skeletal-muscle metabolism during exercise. [Studie]
NO bzw. Stickstoffoxid (Nitric Oxide) trägt in vielen Studien eine weiße Weste. Während es stimmt, dass via eNOS (endothelial) NO die Gefäße weitstellt und dadurch die Blutversorgung im Körper verbessern kann, ist eNOS nicht die einzige Stelle im Körper, in der ein Gas wie NO seinen Effekt besitzt. Auch iNOS (induzierbar) als direkte Abwehr gegen bakterielle Infektionen ist für unseren Körper wichtig, um schnell auf bakterielle Invasoren, beispielsweise aus dem Darm, schnell und effektiv reagieren zu können. Durch das produzierte NO wird schnell den bakteriellen Eindringlingen der Garaus gemacht. Dass bei einer solchen Reaktion auch viele eigene Zellen durch das produzierte NO und die damit in Zusammenhang stehenden Radikale zerstört werden, wird seltener erwähnt [1]. Ebenfalls wird selten beachtet, dass auch unsere Zellen stark mit NO interagieren und NO in diesem Fall sehr viel mit Stress, einem reduzierten Stoffwechsel und einer Reduktion der Leistungsfähigkeit zu tun hat [2,3,4].
Nitric oxide (NO) regulates key aspects of cell metabolism through reversible inhibition of cytochrome c oxidase (CcOX), the terminal electron acceptor (complex IV) of the mitochondrial respiratory chain, in competition with oxygen. [Studie]
NO kann sich an das Energiefließband (genauer: An Cytochrom C Oxidase) von Mitochondrien von Zellen binden und dadurch die Atmungskette in ihrer Arbeit hemmen. Anders formuliert vermindert es die Menge an Sauerstoff, die für die Bereitstellung von Energie von Zellen verwendet werden kann. Dieser Effekt hat durchaus seinen Sinn, denn nicht immer wollen wir, dass unsere Zellen ohne Drossel Höchstleistung bringen. Damit würden sie sich selber auf Dauer zerstören. Im Grunde genommen ist es ein interner Schutz der Zellen vor “Überarbeitung“. Bleibt jedoch gleichzeitig die Belastung hoch – beispielswiese unter sportlicher Betätigung – kann sich dies in verminderter Leistungsfähigkeit, einer erhöhten Laktatbildung und einer stärkeren Ausschüttung von Stresshormonen äußern [5]. Bei sportlicher Belastung sind andere Aminosäuren wie Beta-Alanin, Glycin, Leucin, Lysin, Isoleucin, Tyrosin und Valin mehr von Interesse.
Ganz davon zu schweigen, dass NO innerhalb der Zellen sehr leicht mit Superoxid-Anionen reagieren kann und sich so zu Peroxynitrit (ONOO) umwandelt. Dieses Radikal ist in der Lage, schweren Schaden an Zellmembranen und anderen wichtigen Grundmauern von Zellen anzurichten [6]. Was ist aber mit den ganzen positiven Ergebnissen, die zu Beginn erwähnt wurden. An sich sind sie ein sehr gutes Beispiel dafür, wie man Resultate von Untersuchungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten kann.
Eine erhöhte Ausschüttung von Insulin ist durchaus möglich, wenn durch die stärkere Ausschüttung von Cortisol und anderen Stresssignalen der Blutzucker angehoben wird. Der beobachtete Anstieg an Katecholaminen ist in diesem Zusammenhang ein Zeichen, dass genau das in den Studien passiert ist (Beispiele für Katecholamine: Adrenalin, Dopamin, Noradrenalin). Ebenso gibt es einige Daten darüber, dass ein Anstieg von Wachstumshormonen und einer erhöhten Neigung von Zellen zu proliferativen Neigungen in Verbindung mit einem gestressten Zustand zu stehen scheint – ganz zu schweigen davon, dass Prolaktin selbst, sowohl bei Frauen als auch bei Männern, ein sehr deutliches Zeichen für einen gestressten Zustand ist [7,8].
The morphology of cells undergoing apoptosis appeared dissimilar and distinct from the morphology associated with necrosis [9, 10]. Necrosis, a term commonly used by pathologists, refers to any deaths associated with the loss of control of ionic balance, uptake of water, swelling, and cellular lysis [12, 13]. This lysis releases many intracellular constituents, attracting immune cells and provoking an inflammatory response. [Studie]
Obwohl also die Studie zu Beginn im positiven Sinne sich über Arginin und seinen Effekt auf NO bezogen hatte, sind die Ergebnisse nicht unbedingt positiv. Ganz davon zu schweigen, dass man solche Reaktionen bei Spitzensportlern, gesundheitlich eingeschränkten Personen oder generell im Alltag bei Menschen nicht unbedingt forcieren möchte.
Zusammenfassung: Macht Arginin als Supplement Sinn?
Ist Arginin gefährlich? Die kurze Antwort wäre: Nein. Wie bei Tryptophan und seinem Zusammenhang mit Melatonin und Serotonin haben Aminosäuren nie eine eindeutig gute oder schlechte Seite. Sie sind Bestandteil unserer Ernährung. Dabei sollte man jedoch stets auf der Hut sein, sollte man Aminosäuren durch künstliche Mittel wie NO-Booster zu sich nehmen wollen. In der heutigen Zeit besitzen wir schließlich alle notwendigen Werkzeuge dafür, unseren Körper mit bestimmten Essenzen oder Isolaten zu fluten und damit bestimmte Reaktionen im Körper gezielt zu provozieren. Wieviel davon Marketing ist und was wirklich hilft, kann manchmal sehr gut verschleiert sein. Übrigens sind sich NO-Booster und Viagra in ihrer Wirkweise durch Stickstoffoxid relativ ähnlich – ein Blutfluss wird verstärkt, was kurzfristig seine Effekte besitzt, jedoch langfristige Folgen haben kann. Jegliche Proteinpulver, Supplemente und andere Ergänzungen im Alltag, die mit erhöhtem Arginingehalt oder Stickstoffoxid zu tun haben, sollten vorsichtig betrachtet werden. Eine hohe Produktion an NO ist für den Körper stets auch eine hohe Belastung, ein körperweites Signal und selten auf Dauer gesund.
Quellenangabe:
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3319075/
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/159230833
- https://link.springer.com/article/10.1023/B:JOBB.0000041765.27145.08
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2258147/
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12397868
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9816697
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21621331
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2825543/