Blaulicht-Toxizität: Schaden auf Zellebene

Auf einen Blick

  • Sonnenlicht und alte Lichtquellen wie Feuer haben einen vollkommen anderen Effekt auf uns verglichen mit moderner elektrischer Blaulicht-Beleuchtung
  • Neue Lichter haben in der Regel einen sehr intensiven Blaulicht-Anteil, der stark stimulierend, aber auch schädlich wirken kann
  • Abgesehen von einer inzwischen recht bekannten Störung unseres Biorhythmus, ist inzwischen auch etwas bekannt, was gerne als Blaulicht-Toxizität beschrieben wird
  • Studien konnten zeigen, dass unsere Haut, aber vor allem auch die Zellen unserer Augen stark durch moderne Beleuchtung geschädigt werden können.
  • Schäden sind zum Teil irreversibel, schädigen die mitochondriale DNA, Energieproduktion und kann sogar kontrollierten Zelltod induzieren
  • Infrarotes Licht kommt nicht ohne Grund stets mit Blau im Sonnenlicht vor
  • Infrarotes Licht ist inzwischen recht bekannt für seine regenerativen und positiven Effekte und kann als “Antidot“ für den Stimulus durch blaues Licht gesehen werden
  • Praktische Mittel für den Alltag und zu Hause sind einfach erhältlich und günstig
Am Abend noch unter Blaulicht arbeiten

Abbildung: Dr. Wunsch: Kunstlicht und Gesundheit – Ein medizinisches Plädoyer für die Glühlampe

Von Blaulicht und Rotlicht-Milieus

Dass Licht und andere Signale einen Effekt auf unseren Biorhythmus haben, wurde bereits in einigen Artikel geklärt (siehe: Jetlag, Biorhythmus und Licht, Kälte und Biorhythmus). Licht – insbesondere der stimulierende Bereich des sichtbaren Spektrums – reagiert mit unseren Augen und durch viele Prozesse entstehen elektrische Reize, die über unsere Nervenbahnen als Impuls wahrgenommen und verarbeitet werden. Neben Jetlag, Müdigkeit und Verdauungsbeschwerden, besitzt Licht allerdings noch mehr Hintergründe, die vor allem in unserer heutigen Zeit eine große Rolle spielen! In diesem Artikel wenden wir vor allem einem Thema zu: Wie kann Licht für uns schädlich sein und warum trifft das vor allem auf das Blaulicht-Spektrum zu?

Über die letzten Jahrzehnte hat sich unsere Beleuchtung immer weiter verändert. Was vor mehr als einem Jahrhundert noch viel mit Feuer und Wärme zu tun hatte, ist heute ein grelles elektrisches Licht, das vor allem eine Farbe absondert: Blau. Während es für uns meist doch recht weiß erscheinen mag, sind Energiesparlampen und LEDs von ihrer Farbkurve her in etwa wie folgt zusammengestellt [1].

Wie in dieser Abbildung zu sehen ist, besitzen unsere modernen Lampen vor allem blaues Licht. Zwar arbeitet unsere Sonne ebenfalls mit dem blauen Teil des Spektrums, doch sind nicht nur die Verhältnisse zwischen Rot, Grün und Blau vollkommen anderes – auch die Intensität der Lichtstärke und der Anteil an blauem Licht ist bei künstlicher Beleuchtung deutlich höher [2]. Dass UV-Strahlung im Übermaß schädlich wirken kann, ist allgemein bekannt. Zum Glück ist unser Auge dazu in der Lage, UV-Strahlung zu einem Großteil aus dem Licht herauszufiltern [3]. Doch bei blauem Licht fehlt dieser Mechanismus und die Arbeit unterschiedlicher Studien zeigt deutlich, wie sehr uns das auf Dauer schaden kann. Denn so ziemlich alle konventionellen Geräte, darunter Computer, Straßen- und Hausbeleuchtung, Handys und vieles mehr, laufen über genau dieses kalte und helle Spektrum.

Blaulicht: Toxizität, Oxidation und Schaden für Mitochondrien

Blue light damage is not an uncommon feature of the skin and eye. This is perhaps not surprising because whereas both tissues will be afforded protection against UV through natural (e.g. cornea, lens, and melanin) or artificial (e.g. sunscreen) filters, they are constantly exposed to the visible spectrum, of which the blue light region is the most energetic. In the eye, blue light damage is considered predominantly photochemical in origin and to arise largely from eye-specific chromophores (e.g. retinoids, melanin, and lipofuscin). [Studie]

Was in diesem Ausschnitt aus einer Studie als Einführung beschrieben wird, geht einen langen Weg. Während Haut und Augen intrinsische Faktoren besitzen, um sich vor UV-Strahlung zu schützen, kann blaues Licht als stark stimulierender Impuls direkt in unser Auge eindringen. Eigentlich soll es das auch. Kommt die Sonne hinter dem Horizont hervor, sind blaues, grünes und rotes Licht die ersten Licht-Frequenzen, die durch unsere Augen dringen. Es ist wichtig vorweg klar zustellen, dass Blaulicht an sich nicht “schlecht“ ist. Die ganze Zeit über, während unsere Augen dem Sonnenlicht ausgesetzt sind, bekommen wir einen blauen Anteil als Signal mitgeteilt. Blau ist im Sonnenlicht einer der primären Signalgeber für Aktivität und Aufmerksamkeit [4] und ist immer zu einem großen Anteil in natürlichem Licht mit enthalten. Doch was passiert, wenn wir blauem Licht im Alleingang ausgesetzt werden und keine anderen Frequenzen ergänzend wirken? Wie in der Abbildung 1 dargestellt, sind moderne Beleuchtungen nicht nur fast ausschließlich blaues Licht, die Intensität ist sogar höher als die der Sonne.

In mehreren Studien wurden in vivo und in vitro (am Lebewesen und in Zellkulturen) Untersuchungen durchgeführt. Zellen, die mit blauem oder blauviolettem Licht bestrahlt wurden, zeigten in einem Verlauf von 6 Stunden einen interessanten Prozess aus Oxidation und Abwehrmechanismen – jedoch vor allem Anzeichen eines Schadens mitochondrialer DNA. Ein solcher Schaden schränkte zuverlässig die Energieproduktion unserer Zellen ein und steht inzwischen dank neuester Forschung in Zusammenhang mit etwa 80% aller bekannten Krankheiten [5].

In this study, we have demonstrated that blue light is able to photogenerate ROS from isolated mitochondria. This confirms that mitochondria possess blue light-sensitive chromophore(s). Studies have shown that blue light is able to cause ultrastructural damage and mitochondria-dependent cell death in lipofuscin-free RPE cells (23–25), which suggests that other chromophores, rather than lipofuscin, in the RPE cells mediate these light effects. It has been postulated that blue light-induced retinal damage is mediated by mitochondrial respiratory enzymes (26, 27), and it has been shown that inhibiting the mitochondrial respiratory chain blocks ROS generation (25, 28). […]. In addition, it has been demonstrated that the content of cytochrome c oxidase was reduced in the RPE cells following exposure to blue light (30). Cytochrome c oxidase is an important mitochondrial respiratory enzyme involved in oxidative phosphorylation. It has peak absorption at 440 nm in the reduced form (31). Together, these data implicate the involvement of mitochondrial respiratory enzymes in phototoxicity. [Studie]

Blaulicht Frequenzen sind inzwischen bekannt für ihre "stimulierende" Wirkung

Was hier beschrieben wird bedeutet im Grunde genommen, dass blaues Licht – also eine Frequenz –an unsere Kraftwerke (Mitochondrien) ankoppeln kann, mit der Energieproduktion direkt in Verbindung geht und Schaden anrichtet. Folgen können dabei irreversibel sein, oder die Zellen zur Apoptose treiben (kontrollierter Zelltod). Ein Stimulus, der im Übermaß tödlich wirken kann.

Zugegeben, die isolierte Betrachtung von Zellkulturen sollte immer in Relation gesehen werden, doch auch Untersuchungen am Menschen zeigten eine erhöhte Produktion an oxidativem Schaden von Hautzellen [6]. Neben unseren Augen reagiert auch unsere Haut stark auf Licht-Frequenzen und natürlich auch auf Licht als Zeitgeber [7].  Dass blaues Licht, vor allem isoliert, für alle unsere Zellen toxisch wirkt, ist nach heutiger Forschung kaum noch anzweifelbar [8]. Unser Körper hat damit mit einem Stress zu tun, der auf Dauer seine negative Wirkung im gesamten Körper entfalten kann [9]. Nicht nur indem die Beleuchtung unseren Biorhythmus durcheinander bringt. Warum ist es aber bei Sonnenlicht anders?

Rotlicht: Regulation und Regeneration

Seit einigen Jahren ist etwas, was kurz als LLLT (Low-level laser light therapy) bezeichnet wird, immer prominenter geworden. Hierbei wurden bestimmte Lichtfrequenzen als therapeutisches Mittel gezielt angewendet, um Patienten zu helfen. Heliotherapie, also die therapeutische Verwendung von Sonnenlicht, ist selbst ein uraltes Mittel gegen eine Vielzahl von Erkrankungen. Besonders bekannt ist die erfolgreiche Anwndung von Infrarot-Lampen [10]. Inzwischen gibt es eine Großzahl an Studien, die darauf hinweisen, dass der infrarote Anteil von Licht viele positive gesundheitliche Effekte besitzt. Vieles deutet auf regenerative und entlastende Signale hin. Während das eine stimuliert, schützt das andere vor Schaden [11].

Chamber fluid is produced from nerve stumps after nerve injury. This fluid contains neurotrophic factors that may accelerate axonal growth. Red to near-infrared LEDs have been shown to promote mitochondrial oxidative metabolism. In this study, LED irradiation improved nerve regeneration and increased antioxidation levels in the chamber fluid. Therefore, we propose that antioxidation induced by LEDs may be conducive to nerve regeneration. [Studie]

Gehen wir zurück zur Abbildung 1, erkennen wir schnell einen Trend, weg von Rot und hin zu Blau. Studien legen inzwischen nahe, dass der erhöhte Bedarf an Brillen mit dem Wechsel der Beleuchtung einhergehen könnte [2]. Sieht man sich moderne Satellitenbilder an, wird schnell klar, wie sehr wir heutzutage mit Beleuchtung doch recht verschwenderisch umgehen. Unsere Augen haben dabei wenig Erholung – ganz zu schweigen von unserem Biorhythmus.

Was also tun? Zum einen sind Infrarot-Lampen meist recht erschwinglich und eine gute Alternative als Beleuchtung. Die Verwendung von Kerzen gibt nicht nur eine romantische Atmosphäre, sondern bietet auch eine gute Lichtquelle. An Feuer hatten wir uns schon weitaus länger gewöhnen können, als an elektrisches Licht. Außerdem ist Feuer warm – es besitzt viel infrarotes Licht. Ansonsten gibt es aber auch inzwischen Clip-on-Brillen oder ungeschliffene Brillen, die als Blaulichtfilter dienen. Damit werden vor allem die Augen bei langwieriger Schreibtischarbeit am Computer und im beleuchteten Büro vor oxidativer und überstimulierender Beleuchtung geschützt. Für Computer gibt es Programme wie F.Lux, die im Autopilot die Lichtintensität von Bilderschirmen und Handy-Displays regulieren.

Stimulierung in der heutigen Zeit gibt es sicherlich mehr als genug. Inzwischen gibt es einige kluge Möglichkeiten, zumindest zu Hause blaues Licht als exzessives Signal im Zaum zu halten. Der Schaden sollte deutlich genug sein: Zellen verlieren ihre Fähigkeit Energie zu produzieren und erleiden Schäden an der DNA, unser Körper produziert vermehrt Radikale und wird chronisch gestresst. Am Abend unterdrücken wir unsere Melatonin-Produktion und verhindern einen erholsamen Schlaf. Viele Lösungen sind einfach erhältlich, sind häufig eine sehr günstige Einmalinvestition und haben sogar spürbar angenehme „Nebenwirkungen“. Sein Schlafzimmer (natürlich rein präventiv denkend) in einen warmen Kerzenschimmer zu tauchen, könnte schließlich auch andere Effekte hervorrufen.

Quellenangabe:

  1. https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/pdf/10.1055/s-2007-968107.pdf
  2. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3948029/
  3. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15797866
  4. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4734149/
  5. https://www.youtube.com/watch?v=KwbIR2yUziw
  6. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25741404
  7. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3371101/
  8. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28854417
  9. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4284776/
  10. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4126803/
  11. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3926176/