Wie Omega-3-Fettsäuren die menschliche Entwicklung ermöglichten

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Im ersten Abschnitt über die Relevanz von Omega-3-Fettsäuren geht es darum, diese Fettsäuren aus evolutionärer Sicht zu betrachten. Wie lange spielt Omega-3 für uns bereits eine Rolle? Was hat es mit unserer Entwicklung zu tun?

Omega-3-Fettsäuren und ihre Wirkung auf unser Gehirn: Vom Affen zum Homo “Iphoneiens“

Wenn es um Omega-3-Fettsäuren in der Wissenschaft geht, wird häufig über ihre Wirkung gestritten. Generell geht man davon aus, dass Omega-3-Fettsäuren für den Menschen gesund sind. Vor allem wenn es um die Schwangerschaft und die Entwicklung des eigenen Kindes geht, ist die Forschung recht einstimmig in ihrer Meinung. Omega-3-Fettsäuren spielen eine wichtige Rolle und dafür gibt es sogar nachvollziehbare evolutionäre Ansätze.

Wenn es um unsere Entwicklung geht, fragen wir uns häufig, woher wir eigentlich so gut denken können. Schließlich entwickelten wir weder Flügel, Reißzähne oder ein stabiles Exoskelett. Viele Wissenschaftler, auch wenn hier noch diskutiert wird, sind sich einig, dass wir es einem Leben an Küstengebieten mit einem Zugang zu vielen Omega-3-reichen Lebensmitteln zu verdanken haben. Es ist schwer, etwas als „sicher“ zu bezeichnen, wenn wir nicht vor Ort waren oder wenige Überreste durch Wetterverhältnisse etc. erhalten geblieben sind. Studien zur möglichen Entwicklung an Küstenregionen gibt es zumindest genug [1,2,3,4,5,6].

Multi-generational exploitation of seafood by shore-based dwellers coincided with the rapid expansion of grey matter in the cerebral cortex, which characterizes the modern human brain. The DHA molecule has unique structural properties that appear to provide optimal conditions for a wide range of cell membrane functions. This has particular implications for grey matter, which is membrane-rich tissue.“ (Studie)

Omega-3-Fettsäure: Genetik und Epigenetik

„Das ist alles genetisch bedingt.“ Diese Überzeugung war lange Zeit eine dominante Meinung. Wer einen schlechten genetischen Code besaß, konnte nichts dafür und musste sich seinem Schicksal ergeben. Die Entdeckung der Epigenetik änderte nicht nur unsere Sichtweise auf heutige Zustände, sondern auch unser Verständnis über die menschliche Entwicklung. Einfach gesagt, können wir eine genetische Prädisposition für eine Krankheit besitzen, die jedoch nie ausbricht, da wir auf eine bestimmte Art und Weise leben. Im Grunde genommen beschreibt das Wort “Epigenetik“ wie unser Umfeld, unser Alltag, unsere Ernährung und alle damit verbundenen Situationen die Aktivität/Inaktivität von genetischen Abschnitten (Gen-Sequenzen) beeinflussen kann.  Genauso kann unser Körper beispielsweise eine Zufuhr (in diesem Fall über Generationen hinweg) von bestimmten Nährstoffen als Trigger für bestimmte Entwicklungen herannehmen. So können Omega-3-Fettsäuren unsere Epigenetik verändern [7]. Ein spannender Fakt. Die Versorgung unseres Körpers mit gewissen Nährstoffen über eine gewisse Zeit ist offensichtlich vergleichbar mit einem direkten (epigenetischen) Signal – zum Guten oder zum Schlechten. Damit kann man durchaus sagen, dass es eine der Säulen unserer Entwicklung darstellt. Eine Form der Adaption und Anpassung an unsere Umgebung.

Kombiniert mit einem uralten Mechanismus, der Evolution seit Milliarden von Jahren für uns ermöglicht hatte, entsteht langsam ein Bild. Das gesamte Zusammenspiel ist natürlich komplexer und besteht aus mehr als nur einer Fettsäure. Daher soll ein weiterer Baustein hier nur kurz erwähnt werden. Mehr Informationen und Hintergründe zum Thema Darm und Evolution sind hier nachzulesen.

Während wir nichts weiter als Zellen ohne Zellkern waren, sorgte die Einverleibung von fremden Gen-Sequenzen für eine langsame Entwicklung zu komplexeren Systemen. Durch diesen Mechanismus ist man sich heutzutage recht sicher, dass wir zentrale Organellen wie beispielsweise Mitochondrien “erfunden“ haben (Endosymbiontentheorie). Diese Form des zelleigenen Fortschritts wird bis heute möglicherweise weiterhin im Darm verfolgt. Wir nehmen fremde DNA durch unser Immunsystem im Darm auf. Im Körper wird dann damit “experimentiert“ über Jahrzehnte, Generationen bis zu Jahrtausenden.

Was braucht ein komplexes Gehirn, um gut zu arbeiten? Angesichts der unangenehmen Zahlen an Alzheimer, ADHS, Demenz und anderen neurodegenerativen Erkrankungen, scheinen wir im heutigen Zeitalter nicht einer artgerechten Lebensweise zu entsprechen. Tatsächlich sind Omega-3-Fettsäuren wie DHA und EPA, bestimmte Aminosäuren, Jod, Selen etc. notwendig für den Erhalt einer guten Funktion der neuronalen Schaltkreise [1,8-12]. Genau diese Mischung war im Meer zu finden. Wie gut ist aber die heutige Versorgung der weltweiten Bevölkerung unter anderem mit Omega-3-Fettsäuren?

Das Gehirn ist bewundernswert. Und hungrig. Obwohl es nur einen kleinen Teil unseres gesamten Gewichts ausmacht (etwa 2%), frisst es 20% unserer basalen metabolen Energierate. Je hungriger für Energie ein Abschnitt des Gehirns war, desto mehr fand man DHA in der Membran der Hirnzellen [13]. Warum das so ist braucht natürlich eine Erklärung. Es wurde beobachtet, dass DHA eine schützende Funktion bei hoher energetischer Belastung (Oxidation) im Gehirn besaß, aber auch dass die Notwendigkeit von DHA für eine optimale Funktion der aktivsten Bereiche notwendig war. Dabei spielte es eine Rolle, dass jede Zelle, die auf Hochtouren Energie produzierte als „Abfallprodukt“ einen hohen oxidativen Stress durch Radikale von sich gab. DHA wurden in dieser Hinsicht schützende Eigenschaften zugeschrieben [14,15]. Für fortgeschrittene Leser wären einige Schlagwörter hier unter anderem: BDNF, Resolvine und Protectine.

Omega 3 und Evolution

Omega-3-Fettsäuren und unsere Entwicklung: Zusammenfassung:

Dank unserem wachsenden Wissen über Epigenetik und dem Zusammenhang zwischen bestimmten Nährstoffen und einem gesunden Körper, fangen wir an zu verstehen, was für den Menschen artgerecht zu sein scheint. Viele Studien sprechen für unsere Entwicklung an der Küste. Neben einigen anderen Nährstoffen, die reichlich am Meer zu finden waren, zeigt die heutige Forschung eindeutig auf die Relevanz der Omega-3-Fettsäuren EPA & DHA für ein gesundes Gehirn hin. Inzwischen geht die Forschung über Omega-3 bereits schon in Bereiche der Quantenphysik hinein [16].

Evolution ist ein Zusammenspiel von Geburt und Adaption im Leben. Wie kann Omega-3 unseren Nachwuchs beeinflussen? Was passiert während der Schwangerschaft und was hat Muttermilch mit der ganzen Geschichte zu tun? Klingt das interessant? Hier erfahrt ihr mehr.

Quellenangabe:

1. Bradbury. Docosahexaenoic Acid (DHA): An Ancient Nutrient for the Modern Human Brain. Nutrients 529–554 (2011). 3,
2. Broadhurst et al. Brain-specific lipids from marine, lacustrine, or terrestrial food resources: potential impact on early African Homo sapiens. Comparative Biochemistry and Physiology Part B: Biochemistry and Molecular Biology 653–673 (2002). 131,
3. Crawford. Cerebral Evolution. Nutrition and Health 29–34 (2002). 16,
4. Crawford et al. Evidence for the unique function of docosahexaenoic acid during the evolution of the modern hominid brain. Lipids S39–S47 (1999). 34,
5. Newman. A new picture of life’s history on Earth. Proceedings of the National Academy of Sciences 5955–5956 (2001). 98,
6. Richards, Pettitt, Stiner & Trinkaus. Stable isotope evidence for increasing dietary breadth in the European mid-Upper Paleolithic. Proceedings of the National Academy of Sciences 6528–6532 (2001). 98,
7. Burdge & Lillycrop. Fatty acids and epigenetics. Current Opinion in Clinical Nutrition & Metabolic Care 156 (2014). 17,
8. Gómez-Pinilla. Brain foods: the effects of nutrients on brain function. Nature Reviews Neuroscience 568–578 (2008). 9,
9. Morley. Nutrition and the Brain. Clinics in Geriatric Medicine 89–98 (2010). 26,
10. Gao et al. Selenium Level and Cognitive Function in Rural Elderly Chinese. American Journal of Epidemiology 955–965 (2007). 165,
11. Sethi & Kapil. Iodine deficiency and development of brain. The Indian Journal of Pediatrics 325–329 (2004). 71,
12. Delange. The role of iodine in brain development. Proceedings of the Nutrition Society 75–79 (2000). 59,
13. Brenna & Diau. The influence of dietary docosahexaenoic acid and arachidonic acid on central nervous system polyunsaturated fatty acid composition. Prostaglandins, Leukotrienes and Essential Fatty Acids 247–250 (2007). 77,
14. Wu, Ying & Gomez-Pinilla. Dietary omega-3 fatty acids normalize BDNF levels, reduce oxidative damage, and counteract learning disability after traumatic brain injury in rats. Journal of neurotrauma 1457–67 (2004). 21,
15. Bach et al. Dietary omega-3 deficiency reduces BDNF content and activation NMDA receptor and Fyn in dorsal hippocampus: Implications on persistence of long-term memory in rats. Nutritional Neuroscience 186–192 (2013). 17,
16. Crawford et al. A quantum theory for the irreplaceable role of docosahexaenoic acid in neural cell signalling throughout evolution. Prostaglandins, Leukotrienes and Essential Fatty Acids (PLEFA) 5–13 (2013). 88,